*+* Melanie Dobson: „Ich verspreche, dich zu finden“ *+*

Ich verspreche, dich zu findenDie Investigativ-Journalistin Quenby ist einer ganz heißen Spionage-Story aus dem Zweiten Weltkrieg auf der Spur. Als der Auftrag des betagten Amerikaners Daniel Knight an sie herangetragen wird, eine von ihm seit 75 Jahren vermisste Person aufzuspüren, ist sie hin und her gerissen. Sie verschafft sich einen ersten Eindruck, der ihr Interesse weckt, und kann sehr zu meiner Freude zusagen, als sich ihr unerwartet der entsprechende zeitliche Rahmen für diesen zweiten Rechercheauftrag auftut. Wir begleiten nun Quenby dabei – unterstützt von einem finanzierten Team des Auftraggebers – wie sie die Spur der vermissten Person aufnimmt und sich begleitet von Widrigkeiten und glücklichen Fügungen einem Wadenbeißer gleich nicht abschütteln lässt.

Sie ist halt Journalistin durch und durch, fühlt sich jedoch nicht wie so viele ihrer Kollegen der Sensationslustbefriedigung der Leser verpflichtet, sondern der einzig und allein der Wahrheit. Das hat mir richtig gut gefallen, auch sonst mochte ich Quenby gerne, litt mit ihr, wenn die Vergangenheit sie immer wieder mal einzuholen drohte, und freute mich mit ihr, wenn sie sich ein ums andere Mal treu blieb. Ihr Glaube half ihr dabei, denn die junge Frau wurde von ihrer christlichen Großmutter aufgezogen, deren Leidenschaft für Gott Quenby geprägt hat. Ihre Zielstrebigkeit und Motivation bewunderte ich sehr, denn das Thema, das diesem Auftrag den Anstoß gibt, belastet auch die junge Frau seit langer Zeit. Nicht nur Mr. Knight leidet Seelenqualen wegen „der Sache von damals“, auch Quenby hatte in ihrer Kindheit ein entsprechendes einschneidendes Erlebnis, das sie nun Stück für Stück aufarbeiten kann, da durch eine passende Fügung der richtige Mensch für die Nachforschungen an ihre Seite gestellt wurde. Keine Angst, hier entwickelt sich mitnichten eine Lovestory, viel eher geht es – auch an anderer Stelle des Romans – darum, mit dem Geschehenen zu leben und es durch die Kraft der Vergebung erträglicher zu machen.

Da die Autorin ihre Geschichte zweisträngig erzählt, kennen wir Leser schon viel eher als Quenby detailliertere Hintergründe über Mr. Knight und seine vermisste Person und an einigen Stellen zerreißt es einem fast das Herz, wenn knallhart vor Augen geführt wird, wie bitterböse ein Krieg ist, wie tiefgreifend seine Folgen, und dass sich noch ganz andere Abgründe auftun, als die von Bomben verursachten. Als am schlimmsten habe ich die empfunden, die sich in manchen Menschen entwickelten, das Böse war so greifbar und mächtig. Es hat mich immer wieder schockiert, wie abgebrüht und narzisstisch manche Kreaturen doch sind. Glücklicherweise gibt es auch die Guten, die mit ihrem warmherzigen, selbstlosen, christlich bestimmten Wesen diese dunkle Welt erhellen und nicht vergessen, was (Nächsten-)Liebe ist.

Melanie Dobson hat exzellent recherchiert und ihr Wissen in einen inhaltlich sehr dichten Roman verpackt. Sie erzählt von Menschen verschiedener Generationen, die durch Quenbys Rechercheaufträge miteinander verstrickt werden und ein letztendlich überraschendes Beziehungsgeflecht bilden, bei dem alle einen passenden Platz finden. Das ist zwar einerseits sehr gut gemacht, andererseits war mir die Geschichte dadurch am Ende zu rund und konstruiert.

Die Autorin schafft es sehr gut, Atmosphäre zu schaffen, Stimmungen zu erzeugen und mit wenigen Worten ihre Figuren zu zeichnen, allerdings muss man dabei gelegentlich zwischen den Zeilen lesen, um alles vollumfänglich zu erfassen. Bei diesem Buch habe ich mir zudem recht viele Notizen gemacht, denn die Handlung preschte oft schon weiter, während ich gedanklich noch in einer anderen Szene verweilte. So hätte ich ich mir an der ein oder anderen Stelle die ein oder andere Buchseite mehr gewünscht, um dem facettenreichen, vielschichtigen und inhaltstiefen Geschehen etwas entspannter folgen zu können.

„Ich verspreche, dich zu finden“ ist ein wertvoller, anspruchsvoller Roman, den ich dennoch gerne empfehlen möchte. Besonders, wenn man mal etwas anderes lesen möchte als „seichte Feierabendlektüre“ und eine buchige Herausforderung sucht.

Inhalt
Moseltal, 1940: Die Kinder Dietmar und Brigitte sind ganz in ihr »Ritter und Prinzessin«-Spiel vertieft, als die raue Wirklichkeit jäh die Idylle ihrer Fantasiewelt zerreißt: Aus ihrem Versteck sehen sie mit an, wie ihre Eltern verhaftet werden. Voller Angst machen sich die Kinder auf den gefährlichen Weg durch Belgien Richtung England, wo eine Verwandte lebt. Als die Kinder nahe London voneinander getrennt werden, schwört sich Dietmar, Brigitte zu finden, koste es, was es wolle. Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht …
London, 2017: Eines Morgens erhält die investigative Journalistin Quenby Vaughn einen rätselhaften Anruf: Lucas Hough, der Anwalt eines reichen Amerikaners, bittet sie, für seinen Mandanten eine vor 75 Jahren vermisste Person zu finden. Quenby, die eigentlich gerade mit einem Spionagefall aus dem 2. Weltkrieg befasst ist, lässt sich trotzdem anwerben. Noch ahnt sie nicht, wie herausfordernd die Zusammenarbeit mit Lucas werden wird und welche mysteriösen Verbindungen zwischen den beiden Fällen zum Vorschein kommen …
Übersetzt von Dorothea Weiland

Autorin
Melanie Dobson hat Journalismus und Kommunikation studiert und war als Werbeleiterin tätig, bevor sie sich mehr und mehr dem Schreiben widmete. Eine besondere Vorliebe hat sie für Bücher, in denen Geschichte und Gegenwart miteinander verknüpft werden. Mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern lebt sie in der Nähe von Portland, Oregon.
Quelle: Francke Buch

Über irveliest

Wie ihr euch sicher schon denken könnt lese ich sehr gerne, am liebsten Krimis und Thriller, aber auch niveauvolle Romane, Kinder- und Jugendbücher. Meine Lieblingsbuchhandlungen sind unsere kleine Buchhandlung am Ort und zum ordentlichen Stöbern Thalia in der Nachbarstadt. Online stöbere ich am liebsten bei lovelybooks und auch bei Amazon nach Büchern...
Dieser Beitrag wurde unter Romane abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..