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Stell dir vor, du besuchst eine Burg.
Etwas fasziniert dich – es ist aber weder die tolle Lage oder Aussicht, auch nicht die Bauweise. Nein, es ist die „spezielle Wandgestaltung“. Denn hier findest du ein letztes Geständnis. Der 99-jährige Phoenix hat beschlossen, dass er nach 100 Jahren auf Erden und 10 Morden auch genug vom eigenen Leben hat und ersinnt für die letzten Tage bis zu seinem vollen Jahrhundert einen straffen Zeitplan. An seinen verbleibenden Lebenstagen hat er ebenso viele Morde zu schildern. Und zwar plant er, seine Memoiren auf den Wänden der Burg zu hinterlassen. Pro Tag ein Mord, sonst würde er sein ehrgeiziges Ziel nicht erreichen.
Phoenix berichtet nicht chronologisch, nein, das wäre auch nichts für den alles andere als gewöhnlichen alten Herrn. Er beginnt bei dem letzten seiner Morde, die er übrigens so gut wie alle nicht vorsätzlich begangen hatte. Fast klingt es an einigen Stellen so, als sei Phoenix ein unbescholtener Bürger, dem einzig und allein das Schicksal seine weiße Weste befleckt hat.
Da jeder Todesfall sich in einer völlig anderen Lebensphase des „RIP“ ereignete, erliest man sich nicht nur die „Rückwärts-Chronologie“ des Mordens, sondern auch die Biographie des verrückten alten Mannes. Er kramt für die Nachwelt in seinem ebenso schillernden wie auch abstoßenden Schatzkästchen der Erinnerungen. Diese sind gespickt mit Kuriositäten und Skurrilitäten – denn normal, das kann ja schließlich jeder.
Es ist fast marginal zu erwähnen, dass sich auch die anderen Charaktere, die im Lauf des Buchs in Erscheinung treten, lückenlos in den zynischen, primitiven Stil des Mörders einfügen. Auch Ausdrucksweise und Wortwahl schließen sich ebenso an. Man muss diese Art des Schreibens mögen, denn damit steht und fällt hier sehr viel. Mich konnten der Sarkasmus und sehr schwarze Humor nur an wenigen Stellen begeistern. Sehr gut hat mir hingegen die subtile und im Nachhinein etwas orakelhafte Spielerei mit der Namensgebung des Hauptprotagonisten gefallen.
Die Idee, seine rabenschwarzen Memoiren der Nachwelt an den Wänden einer alten Burg zu hinterlassen, ist kreativ, aber leider nicht wirklich fesselnd umgesetzt.
Inhalt
Was haben ein Kürbis, die Reißleine eines Heißluftballons, ein Safe, eine Sahnetorte und ein Katapult gemeinsam? Sie dienen Raphael Ignatius Phoenix als zufällige (wirklich ganz unbeabsichtigte) Mordwerkzeuge. 10 Tage vor seinem 100. Geburtstag beschließt er, seinem Leben ein Ende zu setzen. Aber nicht ohne zuvor all seine Morde – 10 an der Zahl – an die Wände seines hochherrschaftlichen Schlosses zu schreiben.
Autor
Paul Sussman arbeitete als freier Journalist und Autor. Er schrieb unter anderem für den Independent, Guardian und Evening Standard. Mit seiner Frau und ihren zwei Kindern lebte er in London. Im Mai 2012 verstarb er unerwartet und hinterließ zahlreiche Freunde und Familienangehörige.
Quelle: Droemer Knaur Verlag