*+* Sylvia B. Barron: „Novembernächte“ *+*

NovembernächteCanvaEigentlich lese ich keine Kriegsromane, aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Da damals in der Schule der Erste zugunsten des Zweiten Weltkriegs nur stiefmütterlich behandelt worden ist und ich somit so gut wie nichts aus dieser Zeit weiß, hat mich die Buchbeschreibung sehr neugierig gemacht. Und ich bin froh, dass ich diesen Roman gelesen zu haben, denn die Autorin hat ihre intensiven Recherchen brillant umgesetzt.

An einigen Stellen ging es mir eindeutig zu heftig zu und einige unschöne Szenen wurden sehr ausführlich beschrieben, aber wie anders soll man sonst Lebendigkeit und Authentizität erzeugen? Ich habe einen eindrucksvollen – im negativen Sinne – Eindruck davon bekommen, wie sich 1918 die Novemberrevolution im Großen und Ganzen zugetragen hat. Welche Gruppierungen sich für welche Ziele gebildet haben, welche Konflikte es gab und – wie dumm nur ist der Mensch – diese dann zum Ende eines grausamen Krieges mit Gewalt und Blutvergießen ausgetragen wurden. Die Stimmung hat die Autorin sehr gut eingefangen und umgesetzt, sowohl im Großen und Ganzen als auch in Einzelschicksalen. Denn, was so mancher erlebt hat, das ist nicht in den Kleidern geblieben, sondern hat – wie zum Beipiel bei der Hauptfigur Ella – sich auch auf das Wesen der betroffenen Menschen ausgewirkt.

Ella, eine messianische Jüdin, hat in ihrem jungen Leben schon einige Verluste ertragen müssen und ist nun wild entschlossen, für die gute Sache zu kämpfen. Sie schließt sich dem Kommunismus an. Dass der Weg, den sie gehen möchte, nicht gut ist, das erkennt sie voller ideologischer Verblendung nicht. Nathanael hingegen schon. Der junge Mann war, bevor er als Matrose der Marine gedient hat, Physikstudent und sein naturwissenschaftlich geprägter, kühler Kopf bildet ein tolles Gegengewicht zur unerschrockenen, begeisterungsfähigen, emotional überbordenden Ella. Er ist immer da, wenn sie ihn braucht. Er will sie schützen, sie vor Bösem bewahren. Sie hat es ihm angetan. Dabei sind die beiden doch eigentlich wie Feuer und Wasser und auch glaubenstechnisch passen sie auf den ersten Blick gar nicht zusammen. Denn Ella ist gläubig, auch wenn ihre Gottesverbindung in den letzten Jahren immer dünner geworden ist, und Nathanael ist Naturwissenschaftler durch und durch. Glaubt nur das, was er sieht oder was sich durch beispielsweise mathematische Formeln nachweisen lässt. Als sich jedoch auch sein neuer Zimmerkollege als Christ erweist und ihn mit gar nicht so unsympathischen Inhalten konfrontiert, beginnt die physikalisch geprägte Mauer des jungen Mannes zu bröckeln.

Auch wenn mir persönlich zu viel Grausamkeit in diesem Roman zugegen war, ist er richtig gut gelungen. Denn so brutal, rücksichtslos und sinnlos ging es im Krieg und auch bei der Novemberrevolution leider zu und wenn man ein authentisches Bild dieser geschichtlichen Phase abbilden möchte, kann der entsprechende Roman inhaltlich nicht sanfter sein.

Sylvia B. Barron hat weitreichend recherchiert und viel von diesem Wissen, teils sehr detailreich, als historische Kulisse hinter die Begegnung von Nathanael und Ella gesetzt, die sich sowohl glaubenstechnisch – noch besser als die Diskussionen der beiden gefiel mir noch der Austausch zwischen dem Physikstudenten und seinem Mitbewohner – als auch in ihrer Persönlichkeit richtig schön entwickelt haben.

Ich habe „Novembernächte“ gern gelesen, auch wenn mich das beschriebene Grauen manchmal sehr belastet hat, und kann den Roman historisch interessierten Lesern sehr empfehlen.

Inhalt
Der neue historische Roman nach „Die Tochter des Zementbarons“ von der jungen deutschen Autorin Sylvia B. Barron spielt zur Zeit der Novemberrevolution 1918 in Wilhelmshaven und Berlin. Ein Liebesroman voller historischer Authentizität und spannenden Einblicken ins Deutschland nach dem 1. Weltkrieg.
November 1918: Der schüchterne Physikstudent Nathanael muss seinen Kriegsdienst als Matrose auf der SMS König ableisten. Als ein Aufstand auf seinem Schiff den Beginn einer Revolution auslöst, möchte er sich am liebsten aus allem heraushalten, aber ein geplantes Himmelfahrtskommando bringt seinen besten Freund in Gefahr.
Auf seiner unfreiwilligen Rettungsmission begegnet Nathanael Ella, die mit ihrer forschen, unerschrockenen Art sein Herz erobert. Für sie nimmt er sogar kommunistische Demonstrationen und Diskussionen über den Glauben in Kauf, obwohl er als Atheist einzig und allein der Wissenschaft vertraut.
Doch als die Revolution beginnt blutig zu werden, fragen sich Ella und Nathanael: Wie weit darf man für Gerechtigkeit gehen?

Autorin
Sylvia B. Barron hat Technische Redaktion studiert und arbeitet als Projektmanagerin bei einer Tageszeitung. Mit ihrem Ehemann und zwei Söhnen wohnt sie in Blaubeuren in einem Fachwerkhaus aus dem siebzehnten Jahrhundert, was sie immer wieder zum Schreiben inspiriert.
Ihr Debutroman war Die Tochter des Zementbarons, der in ihrer Heimat Blaubeuren spielt.
Quelle: Brunnen Verlag

Über irveliest

Wie ihr euch sicher schon denken könnt lese ich sehr gerne, am liebsten Krimis und Thriller, aber auch niveauvolle Romane, Kinder- und Jugendbücher. Meine Lieblingsbuchhandlungen sind unsere kleine Buchhandlung am Ort und zum ordentlichen Stöbern Thalia in der Nachbarstadt. Online stöbere ich am liebsten bei lovelybooks und auch bei Amazon nach Büchern...
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2 Antworten zu *+* Sylvia B. Barron: „Novembernächte“ *+*

  1. Suhani schreibt:

    Hallo Irve,
    das Buch interessiert mich jetzt aber auch, auch weil es teilweise hier in Wilhelmshaven spielt. Wohne quasi gegenüber vom Marine Hafenbecken.
    Würdest Du es eventuell gegen Spende für Dein Projekt weitergeben?

    Liebe Grüße und noch alles Gute für 2024 🍀
    Su

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