*+* Patricia Koelle: „Der Klang des Windes“ *+*

Der Klang des WindesWenn man begreift, dass sich ein lang gehegter Traum nicht erfüllen wird, ist das kein schönes Gefühl. Aber das Ende bedeutet es nicht, mitnichten! Man muss nur irgendwie aus dieser inneren Sackgasse herauskommen. Manchmal ist es schwer, sich herumzudrehen und in eine andere Richtung zu gehen, aber wenn man wie Anna-Lisa das Glück einer weitsichtigen, ermutigenden Bekanntschaft hat, kann man einen beglückenden Plan B entwickeln. Die junge Frau hegte schon als Kind des Wunsch, Malerin zu werden. Als sie sich am emotionalen Tiefpunkt ihrer Karriere eingesteht, dass sie über kein besonders Talent hat, droht sie zu verzweifeln. Glücklicherweise lernt sie einen weisen, lebenserfahrenen Mann kennen, der in ihr das Interesse für die Fotografie weckt. Anna-Lisa traut sich, über ihren eigenen Schatten zu springen und erste Gehversuche hinter der Kamera zu machen. Sie erkennt, dass genau dort nicht nur ihr Talent, sondern gar ihre Berufung liegt. Aussagekräftige Bilder muss man nicht unbedingt malen, man kann sie auch fotografieren – so weit weg von ihrem Kindheitstraum bewegt sich Anna-Lisa also gar nicht.

„Du brauchst gar nichts zu sagen. Deshalb mache ich ja Bilder. Weil es für manches keine Worte gibt.“

Während sie ihre Fähigkeiten schärft und reifen lässt, steigen auch Selbstvertrauen und Zuversicht, die Fotografie zu ihrem Broterwerb machen zu können. Dabei helfen ihr glückliche, stärkende Begegnungen mit den Menschen auf dem Darß. Dort hat Anna-Lisa ihre Kindheit verbracht und dorthin zieht es sie zurück, nachdem sie zu mehr innerer Klarheit gefunden hat. Die Figuren, die wir Leser aus den vergangenen Romanen der Autorin kennengelernt haben, treten nun nach und nach in das Leben der Fotografin. Zunächst war ich sehr verwirrt, denn ich kannte sie zwar alle, wusste aber so schnell gar nicht, in welche Geschichten und Reihen ich sie stecken sollte. Im Verlauf des Romans kamen dann aber immer mehr Erinnerungen in mir hoch, und die Zuordnung klappte besser. Die Bücher von Patricia Koelle beinhalten zwar alle in sich abgeschlossene Geschichten und sind separat lesbar, Vorkenntnisse zum Figuren-Ensemble der früheren Romane sind meiner Meinung nach jedoch sehr von Vorteil.

„Es geht nicht um Gene, es geht um Verstehen.“

Ich bin durch diesen zauberhaften Roman geflogen, habe begierig Anna-Lisas Entwicklung sowohl im künstlerischen als auch im persönlichen inneren und äußeren Bereich verfolgt. Habe mit Begeisterung die Stätten vieler früherer koelle´scher Geschichten besucht und die entsprechenden Figuren wiedergetroffen. Viel Spaß gemacht haben mir ebenfalls die an einigen Stellen eingebauten technischen Erläuterungen zur Fotografie, aber auch die Fotoshootings, die Anna-Lisa aus tiefster Seele und mit großer Leidenschaft durchgeführt hat. Ich sah ihre Modelle – seien es die Menschen vom Darß, seien es Kunstwerke oder Objekte aus der Natur – förmlich vor mir, wie sie Esprit und Charme versprühten und ganz sicher die Betrachter in ihrem tiefsten Inneren zu berühren vermochten. Zentrales Element der Fotos war immer der Wind und ich staunte, wie Anna-Lisa es immer wieder geschafft hat, ihn für die Ewigkeit zu bannen. Der Wind ist ebenfalls das Element, das die vier Bände der Sehnsuchtswald-Reihe miteinander verbindet, die in diesem Roman ihren krönenden Abschluss findet. Geschickt ist bereits der Bogen zum ersten Teil der neuen „Glückshafen-Reihe“ gespannt, auf die ich mich schon freue wie ein Iitsch.

„Jeder Wald war ein Geflecht aus Bäumen und jungen Keimlingen und allen Stadien dazwischen. Ihre Wurzeln hielten sich gegenseitig in derselben Erde, und ihre Wipfel rauschten im selben Wind. Dass es sich mit den Menschen ebenso verhielt, war ihm nie so bewusst gewesen. Er fand es tröstlich.“

Mit „Der Klang des Windes“ hat sich die Autorin einmal mehr selbst übertroffen. Ihre Geschichte ist so lebendig – kraftvoll und zart zugleich. Sie ist angefüllt mit Wertschätzung für das Leben, die Natur und die Schönheit der Schöpfung – auf betörende Weise Werte vermittelnd, die heutzutage oft leider in den Hintergrund treten. Vertrauen, (Selbst)Liebe, Gemeinschaft, gegenseitiges Helfen, Aufbauen und Ermutigen sowie die Kraft der Seelenverwandtschaft, die mit den Theorien der Biologie nichts zu tun hat, sind so wertvoll.
Dieser Abschluss der Reihe hat mir oft eine Gänsehaut verschafft, sie ist emotional, berührend, ergreifend und beglückend.

Inhalt
Schon immer wollte Anna-Lisa Malerin werden. Doch sie verzweifelt an ihrem mangelnden Talent. Als sie die Fotografie für sich entdeckt, kehrt sie in ihre alte Heimat auf dem Darß zurück – wo sonst gibt es bessere Motive als in dieser Küstenlandschaft voller Bäume und Geheimnisse? Ihre Fotos werden immer beliebter. Doch es reicht nicht aus, um den Traum von einem eigenen Fotostudio zu erfüllen. Als sie Lian kennenlernt, bauen sich zarte Gefühle auf. Aber ist er wirklich ungebunden? Ehe sie es herausfinden kann, wartet eine dringende Aufgabe auf sie: Sie soll helfen, ein altes Versprechen einzulösen. In Ostfriesland trifft sie dabei auf jemanden, der kreativ tätig ist wie sie und ihr Mut macht. Kann Anna-Lisa ihre Selbstzweifel überwinden und sich der Zukunft öffnen?

Autorin
Patricia Koelle ist eine Autorin, die in ihren Büchern ihr immerwährendes Staunen über das Leben, die Menschen und unseren sagenhaften Planeten zum Ausdruck bringt. Bei FISCHER Taschenbuch erschienen, neben Romanen und Geschichten-Sammlungen, die Ostsee- und Nordsee-Trilogie, die Inselgärten-Reihe sowie die Sehnsuchtswald-Reihe. ›Flaschenpost vom Leben‹ ist der erste Band ihrer Glückshafen-Reihe.
Quelle: Fischer Verlage

Über irveliest

Wie ihr euch sicher schon denken könnt lese ich sehr gerne, am liebsten Krimis und Thriller, aber auch niveauvolle Romane, Kinder- und Jugendbücher. Meine Lieblingsbuchhandlungen sind unsere kleine Buchhandlung am Ort und zum ordentlichen Stöbern Thalia in der Nachbarstadt. Online stöbere ich am liebsten bei lovelybooks und auch bei Amazon nach Büchern...
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2 Antworten zu *+* Patricia Koelle: „Der Klang des Windes“ *+*

  1. Claudia schreibt:

    Gerade habe ich das Buch ausgelesen und habe es, wie auch alle Vorgänger, geliebt. Frau Koelle hat eine Art zu schreiben, das man sich wie unter einer warmen,kuscheligen Decke fühlt. Sie berührt mich sehr mit ihren Texten.

    Und ja, auch ich bin schon sehr gespannt auf die neue Reihe.

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