Voller Vorfreude auf den dritten Streich der Autorin war ich, nachdem sie mich mit ihren beiden zuvor erschienenen Thrillern „Das Gerücht“ und „Die Lügen“ in den Bann geschlagen und mit großer Begeisterung zurückgelassen hatte.
„Die Drohung“ kriegt mich sofort mit ihrem kurzen Prolog, denn er verspricht Spannung und psychologische Einblicke in eine kranke, mordversessene Seele. Die Geschichte selbst beginnt dann eher harmlos. Astrid ist trockene Alkoholikerin, und weil sie denkt, ein Tapetenwechsel täte ihr gut, zieht sie zurück zu ihrer Mutter. Das ist das Einzige, das ihr geblieben ist, ihre Heimat. Auch wenn sie als Jugendliche ihre Probleme miteinander hatten, nun erscheint die Mutter ihr wie ein Anker. Eigentlich ein unliebsamer, aber sonst hat Astrid niemanden. Ihr Exfreund lebt nicht mehr, und ihrem vermeintlich großen Freund, dem Alkohol, hat sie abgeschworen.
Kleine Rückblicke und Erinnerungen durchbrechen jedoch ihren neuen Lebensrhythmus und machen mich neugierig auf Astrids Vergangenheit – es wird da so einiges angedeutet -, aber auch auf ihre gegenwärtige Situation. Ob sie sich wohl würde bekrabbeln können? Wieder ihren Platz im Leben finden? Die Gruppe der Anonymen Alkoholiker scheinen da hilfreich zu sein, aber vielmehr noch die Bekanntschaft mit einem heißen Typen im Ort.
Alles fein also? Jein. Denn nach dem wirklich guten ersten Drittel verliert sich der Thriller zunehmend in Längen, lückenfüllende Dialoge und Situationen und das sich in den Mittelpunkt drängende Thema des Alkoholkonsums mit all seinen Folgen und Gefahren schieben den Thriller-Aspekt ganz weit nach außen. Zum Ende hin fährt zwar die Spannungskurve wieder nach oben, die Auflösung der ungeklärten Dinge war für mich jedoch eher unbefriedigend. Bis dahin war die Geschichte zwar konstruiert, aber auf einem realistischen, logischen Niveau. Die abschließenden Zusammenhänge erschienen mir jedoch sehr weit hergeholt und nicht nachvollziehbar.
Verwirrt bin ich zudem durch den Prolog, der ein bestimmtes Szenario andeutet, welches aber im weiteren Fall nicht wieder aufgegriffen wird.
Die Figuren hat die Autorin gut ausgearbeitet. Ich konnte Astrids fast ständiges Verlangen nach Alkohol gut nachvollziehen, auch ihre Schwierigkeiten, offen mit Außenstehenden über all ihre Probleme zu sprechen. Ihr Wunsch nach Normalität und ihr Greifen nach jedem sich in diese Richtung bietenden Strohhalms waren plausibel erklärt. Diejenigen, die Astrid mit ihrer Sorge und Überfürsorge zu erdrücken drohten, auch sie waren glaubhaft und lebendig dargestellt, ebenso greifbar für mich haben auch alle anderen Beteiligten gewirkt, wenn auch in verschiedener Intensität.
Leider stürzte die Spannungskurve zur Mitte hin arg ab und die Schlussphase überzeugte mich auch nicht. Aber man kann nicht immer alles mögen, oder?
Bin trotzdem sehr gespannt und neugierig auf den nächsten Thriller der Autorin.
Inhalt
Es ist 192 Tage, 7 Stunden und 15 Minuten her seit ihrem letzten Drink. Astrid ist entschlossen, eine neue Seite aufzuschlagen. Sie zieht zurück zu ihrer Mutter in das kleine Küstenstädtchen Flinstead, weit weg von den Versuchungen der Großstadt und den schmerzlichen Erinnerungen an ihr früheres Leben. Sie will sich ganz darauf konzentrieren, wieder sie selbst zu sein und von der Sucht loszukommen. Doch dann kommen die unheimlichen Briefe – ein Foto ihres Exfreundes, der vor einigen Monaten tragisch umkam, und auf der Rückseite ein blutiger Handabdruck. Sie ahnt: Jemand weiß genau, wovor sie davonläuft. Und wird sie teuer dafür bezahlen lassen.
Übersetzung: Aus dem britischen Englisch von Jörn Pinnow
Autorin
Lesley Kara hat als Krankenschwester und Sekretärin gearbeitet, Englisch studiert, eine Zusatzausbildung zur Lehrerin gemacht und als Dozentin und Managerin im Bereich Further Education gearbeitet. Sie lebt in einer englischen Kleinstadt an der Küste von Essex.
Quelle: dtv Verlagsgesellschaft