Hanna trägt ihr ganz persönliches Schreckgespenst des Ersten Weltkriegs mit sich herum, das sie über lange Zeit immer wieder heimsucht. Sie versucht, es tief in sich einzusperren, und widmet sich mit aller Kraft dem Aufbau eines neuen Krankenhauses in Zehlendorf. Das Land liegt darnieder, es fehlt an vielen Dingen, auch an medizinischen Einrichtungen. Sie lässt sich, wie viele ihrer jungen Kolleginnen auch, vom Klinikchef Dr. Conradi beständig motivieren und der Traum vom fertigen Krankenhaus hält sie zusammen. Aber vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt. Das Gebäude ist zu Beginn in einem erbärmlichen Zustand und alle müssen mit anpacken, um das große Ziel zu erreichen. Die Zeit drängt, das Geld ist knapp, die Materialien nicht immer verfügbar, zudem hat man an gewichtiger Stelle scheinbar etwas gegen die Pläne des motivierten Arztes einzuwenden.
Es wird nie langweilig, immer wieder gibt es neue Pläne, Hindernisse, aber auch kleine und größere Erfolge, von denen der Roman getragen wird. Ausstaffiert ist er zudem mit lebendigen Figuren, intensiven Einblicken in deren Beziehungsgeflecht und ausführlichen Passagen der Geschichte des Krankenhauses. Die Einrichtung Waldfriede gab es wirklich, ebenso haben einige der Protagonisten tatsächlich gelebt. Ihre Lebensgeschichte sowie einige Figuren komplettieren die Faktenbasis zu einem Roman rund um das Krankenhaus und die Hauptfigur Hanna.
Beate Himmelstoss liest den Auftaktband dieser Saga von Corina Bomann einfühlsam, eindringlich und angenehm, ich habe ihr sehr gerne zugehört. Sie hat sich gut in die Figuren hineingefühlt und sie glaubwürdig vertont, ebenso die verschiedenen Stimmungen transportiert.
Auch wenn alle am selben Strang ziehen, gibt es hin und wieder Spannungen und Reibungspunkte. Im Großen und Ganzen hat mir das Hörbuch gut gefallen, jedoch waren mir einige Passagen zu sehr in die Länge gezogen und ich hatte das Gefühl, die Geschichte komme nicht vom Fleck. Zudem fand ich Hanna zu perfekt. Vor allem in der ersten Hälfte war stets sie es, die die Lösung für ein Problem hatte oder die besten Ideen und die, die am besten zwischen den anderen vermitteln konnte. Das machte sie mir unglaubwürdig und auch etwas unsympathisch. Ansonsten gefiel mir aber sehr die Erzählmelodie, ebenso die erzeugte Stimmung und die angenehme Geschichtsstunde zu diesem Krankenhaus, in der recht anschaulich die damalige gesellschaftliche Stimmung eingefangen wird. Über die Glaubensrichtung der „Siebenten Tags Adventisten“ erfährt man ebenfalls einiges. Ein Großteil der Protagonisten im Roman gehört dieser Religion an, was aber auf die Behandlung der Patienten keinerlei Einfluss hat. Der Mensch, unabhängig von was auch immer, steht hier im Vordergrund, so wie in anderen Krankenhäusern auch.
Neben den Geschehnissen rund um die Klinik findet die Autorin auch immer wieder Raum für die privaten Belange. Ob es sich um Hannas Familie handelt, die Vergangenheit und Probleme des Doktors und seiner Frau oder das Schicksal der anderen Angestellten, man lernt sie alle kennen, die einen besser, die anderen weniger intensiv. Nach einiger Zeit wurden sie mir alle immer vertrauter und ich nahm Anteil an ihrem Schicksal – und dem des Krankenhauses, denn auch in dessen Entwicklung gab es Höhen und Tiefen.
Inhalt
1919. Berlin leider noch immer unten den Folgen des Ersten Weltkriegs. Um ihren privaten Kummer zu vergessen, hilft die junge Schwester Hanna mit Feuereifer beim Aufbau der neuen Klinik Waldfriede in Zehlendorf. So stolz sie auf die Anstellung ist, so ernüchtert ist sie nach Wochen kräftezehrender Arbeit. Nur ihr ausgeprägtes Pflichtgefühl gegenüber dem jungen Klinikleiter Dr. Conradi lässt sie durchhalten und sie genießt die vertrauensvolle Freundschaft, die sich zwischen ihnen entwickelt. Als frisch ausgebildete Röntgenschwester beweist Hanna Geschick im Umgang mit moderner Technik und ist für die Behandlung der Patienten unentbehrlich. Doch eine Intrige bringt die Zukunft des Waldfriede in große Gefahr und auch Hanna wird von den Erinnerungen an ihre Vergangenheit immer wieder auf harte Bewährungsproben gestellt …
Sprecherin
Beate Himmelstoß wurde 1957 in Starnberg geboren. Nach dem Abitur studierte sie Philosophie und Theaterwissenschaft in München und machte eine private Schauspielausbildung. Sie ist eine der bekanntesten Stimmen des Bayerischen Rundfunks. Außerdem gestaltete sie mehrere Lyrikprogramme mit Musik und hält regelmäßig Originaltextlesungen philosophischer Texte. Für den Hörverlag las sie u. a. Agatha Christies Klassiker »16 Uhr 50 ab Paddington« und »Bertrams Hotel«, »Belgravia« von Julian Fellowes, »Das rote Adressbuch« und »Ein halbes Herz« von Sofia Lundberg sowie die »Schokoladenvilla«-Trilogie von Maria Nikolai.
Quelle: Penguin Randomhouse Verlagsgruppe