Die Reihe um den quirligen sympathischen Kommissar Takeda aus Japan mag ich sehr, daher war ich sehr neugierig auf diesen Thriller von Henrik Siebold. Würde er mich mit „Schattenkrieger“ ebenso begeistern können? Versuch macht klug und das Leseexperiment ist positiv ausgegangen – sehr positiv sogar!
Der Autor wählt einen interessanten Stil, um mir die Geschichte seiner Hauptfigur erzählen, und dabei nicht an japanischem Flair einerseits und politischen harten Bandagen andererseits zu sparen. Dieses Spiel der Gegensätze machen einen großen Reiz aus, der sich darüber hinaus ebenso in der Person selbst widerspiegelt.
Die Gegenwart spielt auf St. Pauli. Dort betreibt „unser Mann“, Jessen, einen gut gehenden Imbiss. Er scheint in seiner ruhigen, besonnenen Art gar nicht so recht hierher zu passen, und dennoch könnte er sich gerade nirgendwo wohler fühlen als auf dem Kiez, seinem persönlichen Ruheort. Niemand macht die „Pommes mit Currywurst“ so gut wie Jessen. Das Geheimnis seines Erfolgs sind die Zutaten und noch wichtiger, die Ruhe und Hingabe der Zubereitung. Kaum zu glauben, dass jemand, der Krieg und Folter überlebt hat, dessen fähig ist, denn innere Zerrissenheit und Unruhe hätte ich vielmehr bei einem derart vom Schicksal geplagten Menschen vermutet.
Jessens Philosophie kommt jedoch nicht von ungefähr. In dem Erzählstrang der Vergangenheit, der sich mit dem gegenwärtigen kapitelweise abwechselt, erfahren wir die Geschichte und Entwicklung Jessens, der damals noch einen anderen Namen getragen, ein anderes Leben geführt und eine andere Sichtweise aufs Leben gehabt hat. Er hat zunächst die Hölle des Kriegs durchlebt und schließlich die Süße des Friedens geschmeckt, bevor er geprägt von diesen beiden Extremen in sein neues Leben eingetaucht ist. Die Vergangenheit holt ihn jedoch schneller ein, als ihm lieb ist, und zu einem Zeitpunkt, der schlechte nicht hätte sein können…
Mich konnte der Autor mit seinem Ausflug ins Thriller-Genre von der ersten Seite an überzeugen. Wie er seine Figuren, nicht nur Jessen, zeichnet, gefällt mir gut, ebenso die gute – bildhaft zu Papier gebrachte – Beobachtungsgabe so vieler Situationen, Handlungen und Gefühlslagen. Ich durchlebte mit dem Soldaten die Hölle des Krieges, beschritt mit dem Geretteten den Himmel des Friedens, erstarkte mit dem unbezwingbaren Willen des Gebrochenen und verzweifelte fast ob der Gefahr, in der sich Jessen plötzlich wähnte. Henrik Siebold bietet seinen Lesern eine Achterbahnfahrt der Gefühle auf hohem Niveau mit einem fesselnden Spannungslevel.
Die Geschichte ist geschickt aufgebaut, sie wird zudem zu einem schlüssigen Ende gebracht, bei dem auch die letzten kleinen Fäden sorgsam eingewebt werden, alles ergibt einen Sinn, Fragen bleiben nicht offen – zumindest hatte ich keine am Schluss. Das „große Finale“ zum Ende hin fehlt ebenso wenig wie eine klitzekleine Doppelwende auf den letzten Metern, die mich schließlich sogar nach all der Spannung mit einem kleinen Grinsen zurückgelassen hat. Das Tüpfelchen auf dem „I“ ist für mich schließlich der Bezug zu Japan, der an geeigneten Stellen angenehm und wohl dosiert in diese packende Geschichte eingeflochten wird.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für diesen Thriller.
Inhalt
Hamburg, ein Imbiss auf St. Pauli. Hier steht ein stiller, sanftmütiger Mann, von dem niemand weiß, wer er in Wahrheit ist: Vor Jahren war Manuel Jessen ein Elitesoldat in Afghanistan, dann wurde er aus einer langen Gefangenschaft befreit und lebte mit seiner Geliebten Yūko ein ruhiges Leben in Japan. Aber kaum glaubte er, seinen Frieden gefunden zu haben, forderte sein amerikanischer Retter den Lohn für seine Befreiung ein. Manuel wird zu einem Auftragsmörder für den Geheimdienst. Bis er verraten wird und sich in die falsche Frau verliebt.
Vom Autor der Erfolgsromane über Inspektor Takeda – ein Thriller voller Spannung und Weisheit, voller Abgründe und unerwarteter Wendungen.
Autor
Henrik Siebold ist Journalist und Buchautor. Er hat unter anderem für eine japanische Tageszeitung gearbeitet sowie mehrere Jahre in Tokio gelebt. Unter einem Pseudonym hat er mehrere Romane veröffentlicht. Er lebt in Hamburg.
Bisher sind als Taschenbuch und Hörbuch erschienen: „Inspektor Takeda und die Toten von Altona“, „Inspektor Takeda und der leise Tod“, „Inspektor Takeda und der lächelnde Mörder“, „Inspektor Takeda und das doppelte Spiel“, „Inspektor Takeda und der leise Tod“ sowie „Inspektor Takeda und das schleichende Gift“.
Quelle: Aufbau Verlage