Nina, Lollo und Malena sind alte Schulfreundinnen und feiern traditionsgemäß Silvester zusammen. Weil es immer so war. Auch, wenn man sich inzwischen ziemlich auseinandergelebt hat und sich unter dem Radar einige Spannungen aufgebaut haben.
Dennoch ist es dieses Mal etwas anders, denn Lollos und Max´ Tochter Jennifer ist dieses Mal bei Smilla, der Tochter von Nina und ihrem Mann Frederik, um dort mit Freunden abzufeiern und das neue Jahr zu begrüßen. Nina hat dabei kein gutes Gefühl – zu Recht, wie sich am nächsten Tag herausstellt. Denn in dieser Nacht verschwindet Jennifer. Vor allem die Mutter, Lollo, ist am Boden zerstört, ihre Welt aus den Fugen gehoben. Alles, was ihr sonst immens wichtig gewesen ist, ist es nun nicht mehr. Ihre Gedanken drehen sich um Jennifer. Was ist passiert? Ist sie weggelaufen? Wurde sie entführt? Ist sie einem Verbrechen zum Opfer gefallen? Lebt sie noch? Mir, selbst Mutter zweier Teenager, lief es beim Lesen immer wieder eiskalt den Rücken herunter.
Die Autorin schildert sehr gut, was diese furchtbare Situation mit allen Beteiligten macht, und sät dabei immer wieder Verdachtsmomente – subtile und offensichtliche -, wobei ich mir nie sicher sein konnte, welche Fährte nun die richtige ist, und bei welcher ich gedanklich möglicherweise einen Holzweg beschreite.
Da die Geschichte aus den wechselnden Perspektiven von Lollo sowie Nina und Frederik erzählt wird, erfährt man vor allem, was in diesen drei Personen vorgeht. Die anderen Freunde sowie Max geraten mehr in den Hintergrund, auch Jennifer und Smilla kommen nicht selbst „zu Wort“. Über sie erfährt man mehr indirekt durch die Schilderungen der drei Erzähler.
Mir hat dieser Stil sehr gut gefallen, da er die Nacht, seine Folgen aber auch Vergangenes aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und außerdem gelegentlich kleine Cliffhanger eingebaut werden. „Happy New Year“ habe ich fast in einem Rutsch weggeschmökert. Die Sogwirkung, die sich nach und nach entwickelt, war immens.
Die Autorin erzählt nicht einfach nur von einem Teenager, der nach einer Feier nicht zurück nach Hause kommt. Sie stellt auch lebhaft den psychischen Verfall der Beteiligten dar, der je nach Schuldgefühl größer oder kleiner ist. Schuldgefühle gibt es hier viele verschiedene. Im Vordergrund steht zwar klar Jennifers Verschwinden, aber nach und nach kristallisiert sich heraus, dass viele der Beteiligten ein Geheimnis mit sich tragen. Wie viel sich da verheimlicht worden ist! Ich war an manchen Stellen wirklich sehr überrascht und teils regelrecht geschockt. Malin Stehn stochert fesselnd in der Psyche ihrer Charaktere, löst alles nach und nach auf, lüftet den Nebel der Verstrickungen und lässt schließlich glasklar erkennen, was alles im Argen lag respektive liegt. Puh, gut, dass „Happy New Year“ ein fiktiver Roman ist, ich hätte in der Haut von keinem stecken wollen.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für diesen klug ersonnenen Thriller. Super geplottet voller intensiv ausgearbeiteter Figuren am Rande des Wahnsinns, mit vielen Geheimnissen, Überraschungen und Verwicklungen gespickt, die die Spannungskurve in immer neue Höhen schieben. Lediglich die Auflösung hat mir die Autorin etwas zu flott abgehandelt, aber schlüssig und nachvollziehbar war das Ende dennoch!
Inhalt
Silvester. Du dachtest, alles wird wie immer. Alte Freunde, viel Sekt, ein bisschen Hoffnung. Doch dann folgt der absolute Albtraum: Eine der Töchter verschwindet. Die Panik steigt. Die Beziehungen eskalieren. Wer lügt hier und warum?
Dichter Nebel liegt über der Stadt: Die 17-jährige Jennifer verschwindet von einer Party. Am anderen Ende des Orts stößt ihre Mutter Lollo mit ihren alten Freundinnen Nina und Malena auf das neue Jahr an. Sie haben nicht mehr viel gemeinsam, aber die Silvesterfeier der Familien hat Tradition. Als die Eltern nach einem Abend mit zu viel Alkohol und zu wenig Ehrlichkeit aufwachen, ist der Albtraum Realität. Pure Panik folgt. Dunkle Geheimnisse kommen an die Oberfläche. Wie gut kennen wir unsere Freunde und unsere Liebsten? Und was ist wirklich in dieser Silvesternacht passiert?
Autorin
Malin Stehn ist fasziniert von der Vielschichtigkeit zwischenmenschlicher Beziehungen. Für ihr Werk wurde die schwedische Autorin vielfach ausgezeichnet. »Happy New Year« eroberte sofort die Bestsellerlisten und erscheint in mehr als 15 Sprachen. Malin Stehn hat zwei erwachsene Kinder und lebt mit ihrem Mann bei Malmö.
Quelle: S. Fischer Verlage