*+* Karen Sander: „Der Strand – Vermisst“ *+*

Am Strand - vermisstIm Auftaktband der Trilogie verschwindet Lilli, 19 Jahre jung – und gehörlos. Da sie wegen ihrer Behinderung besonders schutzbedürftig ist, wird die Polizei in diesem Fall viel eher tätig, als es normalerweise bei einer erwachsenen Person der Fall ist. Für Lillis Großeltern ist das positiv, denn seitdem ihre Tochter vor fast zwanzig Jahren einem Verbrechen zum Opfer fiel, ist Lilli mehr als eine Enkelin für sie, schließlich ist sie bei ihnen aufgewachsen.

Die Ermittlungen beginnen, Kriminalhauptkommissar Tom Engelhardt tut alles, was in seiner Macht steht, um schnell eine Spur zu finden. Als von Lillis Handy ein seltsam verschlüsselter, kurzer Text an ihre Freundin geschickt wird, bekommt Tom Unterstützung von der Kryptologin Mascha Krieger. Soweit so gut, der Anfang war gemacht, die Autorin hat mich gut in ihren Krimi eingeführt. Mit der Ruhe und Übersicht beim Lesen war es jedoch bald vorbei. Denn immer mehr Personen tauchen auf. Jene, die offensichtlich mit dem Fall zu tun haben, und jene, bei denen ich beim besten Willen keinen Zusammenhang mit Lillis Verschwinden erkennen konnte. Dazwischen gibt es noch fragwürdige Typen, deren Andeutungen ebenfalls ein Verbrechen erahnen lassen. Das ist es ja eigentlich, was einen guten Krimi oder Thriller ausmacht. Diese Verwicklungen und Holzwege, die man am Schluss schließlich als solche erkennt und weiß, wie alles zusammenhängt.

Das bekommt man hier leider nicht, kaum etwas wird zum Ende des ersten Teils aufgeklärt, weder wird der Fall um die verschwundene Lilli aufgelöst, noch sortieren sich die vielen losen Fäden zu einem zusammenhängenden Stoff. Die vielen Andeutungen werden nicht weiter verfolgt, man hängt irgendwie in der Luft. Es fühlt sich viel mehr an, als habe die Autorin in ihren ersten Teil viel Saat ausgelegt, um in den Fortsetzungen aufgehen lassen zu können. Das ist ok, ein bisschen Spannung muss ja bleiben, um den Folgeband herbeizusehnen, aber hier blieben mir zu viele Fragezeichen am Ende des Buches.

Vielleicht hätten es nicht ganz so viele Nebenstränge sein müssen, das viele Private, das durch den alleinerziehenden Tom und die Probleme seiner Tochter mit einfloss, oder der polizeiinterne Zoff, das mag zwar den Figuren einen Hintergrund verschaffen, lenkt aber für meinen Lesegeschmack zu sehr vom Wesentlichen ab. Da ging der rote Faden hin und wieder unter.

Die Grundidee finde ich super. Jemand wird vermisst und wegen des verschlüsselten Texts wird eine Kryptologin zur Hilfe geholt. Mehr Konzentration auf das Wesentliche hätte mir aber besser gefallen, auch beispielsweise intensivere Infos über kryptologische Verfahren bei der Ermittlungsarbeit. Die Seiten werden aber eher gefüllt mit ergänzenden Nebenhandlungen, die mich manchmal durch die schnellen Wechsel der Schauplätze und Sachverhalte sowie häufige vage Andeutungen verwirrten. Tom und Mascha sind mir als Hauptfiguren sympathisch, aber ihre Problemberge hätten gerne etwas kleiner sein dürfen. Manchmal ist weniger mehr, auch im Thriller, aber das ist wie so vieles Geschmackssache.

Beim Beenden des Buches fühlte es sich so an, als habe die Autorin einen richtig dicken Wälzer geschrieben – bei dem zum Schluss vermutlich alles geklärt und aufgelöst ist –, der dann in drei Teile geteilt wurde. Es mutet nicht wie ein Buchende an, mehr wie eine Unterbrechung. Daher bin ich nun recht neugierig auf den zweiten Teil. Viele meiner Kritikpunkte werden dann vielleicht wegfallen. Da der Grundstein für viele weitere Entwicklungen gelegt ist, könnte sich die von mir empfundene Leseunruhe legen und auch zumindest einige meiner Fragen beantwortet werden.

Wer in sich geschlossene Kriminalfälle bevorzugt, wird mit diesem Thriller nicht ganz glücklich werden, da wie gesagt vieles nach dem ersten Teil offen bleibt. Vielleicht wäre da die bessere Lesevariante, später alle drei Teile in einem Rutsch wegzuschmökern.

Inhalt
Die gehörlose 19-jährige Lilli Sternberg verschwindet spurlos auf dem Weg zum Strand. Die Polizei unter der Leitung von Kriminalhauptkommissar Tom Engelhardt durchkämmt sofort die gesamte Umgebung: den Strand, den Ort Sellnitz, in dem Lilli bei ihren Großeltern lebt, das Hinterland. Ohne Ergebnis. Die einzige Spur ist Lillis letzte Handy-Nachricht an eine Freundin: das Foto einer in den Sand gemalten, scheinbar wahllosen Zeichenfolge. Engelhardt bekommt Hilfe von der Kryptologin Mascha Krieger vom LKA. Doch die Ermittler tappen im Dunkeln: Wurde Lilli entführt, und bei dem Foto handelt es sich um eine Botschaft des Täters? Hat Lilli selbst eine Art codierten Abschiedsbrief verschickt? Hat die Schrift im Sand überhaupt etwas mit ihrem Verschwinden zu tun?

Autorin
Karen Sander arbeitete als Übersetzerin und unterrichtete an der Universität, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie hat über die britische Thriller-Autorin Val McDermid promoviert. Ihre Bücher wurden in verschiedene Sprachen übersetzt und haben eine Gesamtauflage von über einer halben Million Exemplaren. Mit ihrem Mann lebt sie sechs Monate im Jahr in ihrer Heimatstadt Düsseldorf. Die anderen sechs Monate reist sie durch die Welt und schreibt darüber in ihrem Blog.
Quelle: Rowohlt Verlag 

Über irveliest

Wie ihr euch sicher schon denken könnt lese ich sehr gerne, am liebsten Krimis und Thriller, aber auch niveauvolle Romane, Kinder- und Jugendbücher. Meine Lieblingsbuchhandlungen sind unsere kleine Buchhandlung am Ort und zum ordentlichen Stöbern Thalia in der Nachbarstadt. Online stöbere ich am liebsten bei lovelybooks und auch bei Amazon nach Büchern...
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