Der Tod ist etwas Normales, etwas Allgegenwärtiges. Er ist der Preis für das Leben. Irgendwann ereilt er uns alle. Uns selbst, unsere Liebsten. Wenn jemand stirbt, werden Menschen hinterlassen, die oft nur schwer mit dem Verlust umgehen können. Jeder reagiert anders, muss einen Weg finden, wieder in sein altes Leben zurückzukommen, dabei ist dieses Leben nun oft ganz anders, denn ein entscheidender Teil fehlt. In diesem Buch fehlt die Mutter dreier Kinder, die Ehefrau Johanne von Adam Mohn.
Die verwaiste Familie findet ihren Weg, jeder auf seine Weise, und keine Variante stößt im Allgemeinen auf Verständnis. Ja, sogar das Traueramt macht einen Mitarbeiter mobil, um die Mohns auf den korrekten Weg der Trauerarbeit zu geleiten. Aber die denkt gar nicht daran, ganz im Gegenteil….
Man ist aktiv, kreativ, bewegt sich auf der denkbaren Skala der Gefühle hin und her und darüber hinaus, macht Entdeckungen und Bekanntschaften, die im Falle einer komplett gebliebenen Familie möglicherweise nicht gemacht worden wäre, oder zumindest nicht so. Und Vater, Tochter und Söhne halten Johannes Vermächtnis sehr individuell und eigensinnig in Ehren. Kurzum: Stefanie vor Schulte verpackt erneut ein ernstes, sensibles Thema mit einer geballten Ladung an Phantasie.
Jedoch kann sie mich dieses Mal nicht ganz so überzeugen, wie sie es mit ihrem Debüt-Roman „Junge mit schwarzem Hahn“ vermocht hat. An einigen Stellen konnte ich mich in die Figuren einfühlen, ihr Handeln zumindest auf einem abstraktiven Niveau nachvollziehen, aber an vielen anderen Stellen ist der Funke nur auf der Verstandes-, nicht auf der Gefühlsebene übergesprungen.
Dennoch, ihre Charaktere zeichnet die Autorin erneut individuell und stringent, und legt häufig Impulse in ihre Geschichte, die zum Reflektieren und Nachdenken einladen.
Auch dieser zweite Roman von Stefanie vor Schulte war für mich ein besonderes Buch, das Freunden außergewöhnlicher Literatur möglicherweise eine Lesefreude bereitet!
Inhalt
Familie Mohn hat die Mutter verloren. Jetzt steht sie im Verdacht, die Trauerarbeit zu verschleppen. Das Leben muss doch weitergehen, sagen die Nachbarn, meint das Traueramt. Doch Vater Adam, die wütende Linne, der nach Hause zurückgekehrte Student Steve und Micha, der Jüngste, wollen nicht weitergehen. Sie möchten Johanne bewahren – nicht nur in ihren eigenen Erinnerungen, sondern in unzähligen Geschichten, die deren Leben so vielleicht gar nie geschrieben hat.
Autorin
Stefanie vor Schulte, 1974 in Hannover geboren, ist studierte Bühnen- und Kostümbildnerin. Sie lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in Marburg. Ihr erster Roman ›Junge mit schwarzem Hahn‹ wurde 2021 mit dem Mara-Cassens-Preis für das beste deutschsprachige Debüt ausgezeichnet.
Quelle: Diogenes Verlag
Huhu!
Das scheinen wir sehr ähnlich zu empfinden bei dem Buch. Es ist ja nicht so einfach, schon aufgrund des Themas, und die Autorin hat wieder eine sehr eigenwillige Geschichte daraus gemacht. Ich fand sie ebenfalls gut verpackt, aber so ganz kam es für mich auch nicht ran an „Junge mit schwarzem Hahn“.
Vielen Dank für deinen Eindruck!
Liebste Grüße, Aleshanee
Liebe Aleshanee,
ich glaube, nach „Junge mit schwarzem Hahn“ hängt die Messlatte für die nächsten Bücher der Autorin hoch. :-)
Liebe Grüße
Heike