*+* Patricia Koelle: „Die Hoffnung der Marienkäfer“ *+*

Die Hoffnung der MarienkäferLeonie schafft es gerade noch rechtzeitig, die Reißleine zu ziehen. Dabei sieht ihr Leben für Außenstehende perfekt aus. Sie ist erfolgreiche Finanzberaterin, hat einen Haufen Geld erwirtschaftet, und geht nach wie vor mit Freude ihrer Arbeit nach. Wirklich? Warum nur fühlt sie sich dann in letzter Zeit zunehmend ausgebrannt und leer? Als sie diesen Zustand nicht mehr länger aushält, hört sie auf den Rat der Ärztin und macht eine Kur. Erst an diesem Ort der Ruhe merkt sie, dass sie nicht länger dem Lockruf des Geldes folgen sollte, sondern vielmehr auf das hören, was ihr Körper und Bewusstsein schon lange zu sagen versucht haben.

Leonie merkt, dass Erfolg sich nicht allein – oder vielleicht sogar gar nicht? – in materiellen Dingen misst und spiegeln lässt. Vielmehr ist das innere Glück der Anzeiger dafür. Langsam öffnen sich ihre Augen für diese Erkenntnis, die ihren Ursprung im Besuch eines Weberei-Ladens nimmt. Die Farbspiele tun es Leonie an, einige Assoziationen lassen die Vergangenheit die Mittfünfzigern einholen und es ist ganz klar: Man muss sich seiner eigenen Geschichte stellen, denn die Summe unserer Erlebnisse macht uns zu dem, was wir sind, zumindest ein Stück weit. Leonie fasst Mut, arbeitet ihr Innerstes auf und entdeckt endlich ihre Träume wieder, die denen der kleinen Leonie von einst gar nicht so unähnlich sind.

Was soll ich sagen? Ich bin fast in Leonies Alter, kann ihre Gedanken, Gefühle, Handlungen und Motivationen sehr gut nachvollziehen. Im Laufe der Zeit weben wir uns einen Mantel, der uns umgibt. Er kann wohlig und kuschelig sein, in harmonischen Farben gefertigt, oder auch kratzig und ablehnend. Natürlich ist man manchmal gegen bestimmte Fügungen machtlos, aber wie man damit umgeht, liegt in der eigenen Hand. Um beim Weben zu bleiben, wenn man das Garn ändert, wirkt sich das auf den Stoff aus.

Natürlich ist nicht jeder fernab des Rentenalters finanziell abgesichert, natürlich wirft einem das Schicksal nicht in bester Roman-Manier alle guten Zutaten direkt vor die Füße, aber das muss es auch nicht. Die Kunst ist, zu erkennen, was einem gut tut und was nicht und dementsprechend einfach (ja, manchmal ist es das!) zuzugreifen, oder sich abzuwenden. Das ist eine der schönen Botschaften, die ich aus diesem leider letzten Band der Inselgärten-Reihe für mich persönlich mitnehme.

Wie gewohnt hat Patricia Koelle zwei Hauptfiguren, um die sich ihre Geschichte rankt. Neben Leonie lernen wir Kaia kennen, die keine ganz Unbekannte ist. Tarus Tochter, Remys Freundin – Kenner und Freunde der Romane der Autorin vermuten jetzt vielleicht, dass es ein Wiederlesen mit vielen „alten“ Freunden gibt, und liegen völlig richtig damit!! – ist die zweite Person, die hier immer wieder in den Mittelpunkt gerückt wird. Auch sie ist eigentlich erfolgreich in dem, was sie tut. Sie ist in den letzten Zügen ihres Studiums, aber auch Kaia fühlt, dass der ursprünglich angedachte Weg doch nicht der richtige für ihr Leben ist. Gut, dass die junge Frau besonnen ist, und nicht unüberlegt die Brocken hinschmeißt. Man muss auf seine Chancen warten und dann gut abwägen, welches die bessere Wahl ist – und ich denke, sie entscheidet sich schließlich richtig.

Manchmal beneide ich die sympathischen Figuren der Autorin um ihre Leben – bis mir einfällt, dass sie eben nur Romanfiguren sind. Aber derart authentisch und lebendig, dass sie immer wieder einen realen Eindruck bei mir hinterlassen. Wie gerne würde ich all die wunderschönen Gärten besuchen, deren Botschafterinnen kennenlernen…. Das geht leider nicht, aber vielleicht kann man ihnen einfach ein bisschen nacheifern in dem, was sie so bewundernswert und lebensnah macht. Ihnen allen schreibt Patricia Koelle eine große Liebe zur Natur zu und große Bemühungen, unsere einzigartige, großartige Umwelt zu schützen sowie das Bewusstsein der Menschen dafür zu schärfen. Zudem ist der Umgang der Romanfiguren miteinander einfach nur nachahmenswert, denn selbst wenn man nicht einer Meinung ist, kann man sich friedlich und fair miteinander auseinandersetzen.

„Die Hoffnung der Marienkäfer“ ist für mich ein Volltreffer. Die Geschichte an sich, die Themen, die Figuren, der Umweltaspekt und der friedvolle Wind, der durch die Seiten weht, das alles hat mir große Lesefreude bereitet! Als tolles Schmankerl obendrauf gibt es die schon angemerkten Begegnungen mit und auch Erwähnungen von vielen Protagonisten der früheren Romane von Patricia Koelle. Da bekommt man Lust, die „alten Schätzchen“ nochmal zu lesen oder Nichtkenner vielleicht den Wunsch, sie kennenzulernen – ich kann euch jeden einzelnen Roman empfehlen. Sie alle haben mir neben der guten Unterhaltung einen emotionalen und seelischen Mehrwert beschert – neben vielen Inspirationen, der Natur Gutes zu tun.

Inhalt
Während eines Kuraufenthalts beginnt Leonie einen Webkurs – und bald darauf, ihren Alltag umzukrempeln. Denn nach vielen beruflichen Jahren am Schreibtisch löst die praktische Arbeit mit den Händen etwas in ihr aus. Kaia hadert mit ihrem Studium. Ihre Freundin Remy Kreyhenibbe möchte sie aufheitern und bittet sie darum, ein Haus auf der Insel Poel anzuschauen, das den Inselgärten gespendet worden ist. Kaia macht sich auf den Weg und fühlt sich erst einmal unendlich einsam. Als Leonie und Kaia aufeinandertreffen, ahnen die beiden Frauen noch nicht, welche Möglichkeiten ihnen diese Begegnung eröffnet, und dass es manchmal besser ist, das Leben auf sich zukommen zu lassen.

Autorin
Patricia Koelle ist eine Berliner Autorin mit Leidenschaft fürs Meer – und fürs Schreiben, in dem sie ihr immerwährendes Staunen über das Leben, die Menschen und unseren sagenhaften Planeten zum Ausdruck bringt. Bei FISCHER Taschenbuch erschienen bisher die Ostsee-Trilogie und die Nordsee-Trilogie, sowie Winter- und Weihnachtsgeschichten. ›Die Zeit der Glühwürmchen‹, ›Das Lächeln der Libellen‹, ›Die Träume der Bienen‹, ›Das Geheimnis der Grashüpfer‹ und ›Die Hoffnung der Marienkäfer‹ gehören zu ihrer Inselgärten-Reihe.
Quelle: S. Fischer Verlage

Über irveliest

Wie ihr euch sicher schon denken könnt lese ich sehr gerne, am liebsten Krimis und Thriller, aber auch niveauvolle Romane, Kinder- und Jugendbücher. Meine Lieblingsbuchhandlungen sind unsere kleine Buchhandlung am Ort und zum ordentlichen Stöbern Thalia in der Nachbarstadt. Online stöbere ich am liebsten bei lovelybooks und auch bei Amazon nach Büchern...
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2 Antworten zu *+* Patricia Koelle: „Die Hoffnung der Marienkäfer“ *+*

  1. Frank Liebke schreibt:

    Ich wünschte, ich könnte solche Rezensionen schreiben. Super getroffen, alles. Nur einmal haben sich dabei die Marienkäfer in Grashüpfer verwandelt, das würde ich noch ändern.
    Schöne Grüße
    Frank Liebke

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