Diesem Roman wohnt eine ganz spezielle Magie inne. Die Geschichte des am Rande der Gesellschaft stehenden Martin und seinem treuen Gefährten, dem schwarzen Hahn, erzählt von dem schwierigen Weg des Guten durch die Welt des Bösen. Der Junge wirkt wie eine übernatürliche Lichtgestalt – in seinem Erscheinungsbild des unauffälligen, stillen, mehr als gutherzigen Menschen -, zu dem der schwarze Hahn, den die Dörfler um ihn herum als teuflisch deuten, so gar nicht passen mag. Doch auch dem Hahn wohnt eine fürsorgliche, besonnene Art inne. Wenn Martins Weg zu schwer wird, ist der Hahn da, um ihm Trost und Mut zu spenden – auf ganz besondere Art, die der Junge tunlichst vor den anderen zu verbergen sucht.
Die Dörfler meiden Martin, wann immer es geht, aber wenn es unangenehme Aufgaben zu verteilen oder lösen gilt, ist er plötzlich die erste Wahl. Der Junge mit einem Herzen aus Gold sieht über diese Verfehlungen und alle anderen, die ihm zahlreich in verschiedenen Begebenheiten und Gestalten begegnen, hinweg. Er vertut seine Zeit nicht mit langwierigen Racheakten oder Büßeraktionen, bei ihm steht das Helfen stets an erster Stelle. Wenn er Unrecht wahrnimmt, will er es beseitigen. Dafür nimmt er so manches Unbehagen in Kauf und steht sich selbst hintan.
Hut ab! Wer tut das schon im wahren Leben? Der Sumpf aus Unmenschlichkeit, Egoismus und Gleichgültigkeit, der im Roman sehr kreativ, stellenweise phantastisch angehaucht und sehr eindringlich umgesetzt wird, erinnert viel mehr an das Miteinander und die angebliche Fürsorge, die heutzutage an vielen Stellen stattfinden. Da wirkt der liebevolle, sich aufopfernde Martin fast schon wie nicht von dieser Welt und geht mit einem bewundernswerten Stoizismus und einer gelassenen Ignoranz den Anfeindungen ihm gegenüber sicheren Schrittes seinen leuchtenden Weg durch das Buch – und in mein Herz hinein!
„Junge mit schwarzem Hahn“ ist das Erstlingswerk von Stefanie vor Schulte und ich schließe mich den Lobeshymnen auf dieses Buch gerne an. Denn seine Botschaft ist wichtiger denn je und die Umsetzung eindrucksvoll und zum Nachdenken anregend umgesetzt.Die Kenntnisse der Autorin im Bereich des Bühnen- und Kostümbilds habe ich als spürbar empfunden, denn die Kulissen in vielen Szenen und die Beschreibung der Figuren sind sehr plakativ, lebendig und den Inhalt der Erzählung stützend. Zudem hat mich Martins Geschichte auch sprachlich an vielen Stellen begeistert. Denn da, wo manchen Autoren mit vielen Worten kein wirkliches Funkensprühen gelingt, zünden hier manchmal einzelne Sätze so ein grausames, böses Feuerwerk, dass es mich gelegentlich schauderte. An anderen Stellen wärmten mich einzelne Sätze wie ein wohliges Feuer. Das Gelesene wirkte bei mir überwiegend nicht auf Verstandes – sondern viel mehr auf emotionaler Ebene – und das sehr intensiv. Stefanie vor Schulte bricht eine Lanze für mehr Menschlichkeit, Miteinander und Mut, Veränderungen eine Chance zu geben.
Wer außergewöhnliche Bücher mit Sinn, Verstand und Tiefgang mag, und einen Roman auch nach dem Zuschlagen noch weiterarbeiten lässt, dem möchte ich „Junge mit schwarzem Hahn“ sehr ans Leseherz legen!
Inhalt
Der elfjährige Martin besitzt nichts bis auf das Hemd auf dem Leib und seinen schwarzen Hahn, Behüter und Freund zugleich. Die Dorfbewohner meiden den Jungen, der zu ungewöhnlich ist. Viel zu klug und liebenswürdig. Sie behandeln ihn lieber schlecht, als seine Begabungen anzuerkennen. Als Martin die Chance ergreift und mit dem Maler zieht, führt dieser ihn in eine schauerliche Welt, in der er dank seines Mitgefühls und Verstandes widerstehen kann und zum Retter wird für jene, die noch unschuldiger sind als er.
Autorin
Stefanie vor Schulte, 1974 in Hannover geboren, ist studierte Bühnen- und Kostümbildnerin. Sie lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in Marburg. ›Junge mit schwarzem Hahn‹ ist ihr erster Roman.
Quelle: Diogenes Verlag