Bienen mochte ich schon immer. Diese kleinen, summenden, emsigen Insekten. Ich sah ihnen als Kind gerne zu, wie sie vermeintlich gemächlich und entspannt von Blüte zu Blüte trudelten und Nektar tankten oder in ihrem gepuderten Anzug Pollen sammelten. Dass das Leben als Biene gar nicht so gemütlich ist, habe ich erst viel später begriffen. Und meine Empathie für diese Honigsammlerinnen wuchs beständig. Denn je mehr ich über den Bien – das Bienenvolk in seiner Gesamtheit – erfuhr, umso erstaunter war ich ob der Fähigkeit der eifrigen Insekten, dieses System am Laufen zu halten und bis ins kleinste Detail perfekt zu organisieren. Warum können wir Menschen das nicht ebenso gut? Unsere Art, die vermeintliche Krone der Schöpfung, kam und kommt mir zunehmend dumm, kurzsichtig und egoistisch vor.
Vor der Lektüre von Sarah Wieners „Bienenleben“ wusste ich als „Fan der Bienen“ bereits einiges über sie, aber dieser Sachbuchroman hat mir einige bisher unbekannte Details offenbart, und mir in einigen übergreifenden Dingen die Augen geöffnet. Mit der Folge, dass ich meinen heimlichen Wunsch, irgendwann mal einen eigenen Bien zu beherbergen, aufgegeben habe. Warum? Die Autorin lehrt auf sympathische Art und Weise, die Welt aus der Sicht der Bienen zu sehen. Und als ich das tat, fielen in meinem Bewusstsein einige Erkenntnisse wie Puzzleteile an die richtigen Stelle. Man sollte Dinge nicht tun, weil man selbst sie tun will oder weil man sie für richtig hält – sie müssen sich richtig anfühlen und es auch sein, wenn man Verantwortung für andere Lebewesen übernimmt. Und genau das tut man, wenn man imkert.
„Bienenleben“ offenbart viel Wissenswertes, nicht nur über die Bienenwelt, auch über die Natur in ihrer Gesamtheit, für die wir Menschen eine Spezies von vielen sind – leider eine gefährliche Spezies, denn im Zuge unseres Wohlbefindens zerstören unsere gezielten Alleingänge das filigrane Beziehungsgeflecht des Lebendigen immer mehr, manches irreversibel.
Bienen ist unser Egoismus, unser „Besser, schneller, weiter“, fremd. Für die einzelne Biene ist alles perfekt, wenn es im gesamten Stock wie geschmiert läuft. Sarah Wiener gibt interessante Einblicke in Aufbau und Organisation eines Bienenstocks, und das tut sie so fesselnd und begeistert, dass man gar nicht merkt, wie viel Wissen man auf jeder Seite einsaugt – einer Nektar sammelnden Biene gleich, wenn sie von Blüte zu Blüte fliegt.
In das Buch fließen ebenfalls kleine autobiographische Ausflüge der Autorin ein, die sie mir auf angenehme Art näher brachten und sie mir sehr sympathisch gemacht haben. Denn mit ihrer Imkerei ist Sarah Wiener nicht auf einen hippen Trend aufgesprungen, man spürt, dass ihr das Thema der Bienen im Speziellen, aber auch die Wertschätzung unserer Natur wesentlich am Herzen liegen. Schließlich trägt ihr Werk nicht umsonst den Untertitel „Vom Glück, Teil der Natur zu sein“.
Von mir gibt es eine klare Lese- und Schenkempfehlung für dieses Buch an alle Naturfreunde!
Inhalt
„Am Schicksal der Bienen ist all das zu beobachten, was das Beziehungsgeflecht Mensch – Tier – Pflanze ausmacht.“ Sarah Wiener.
Sarah Wiener, Köchin, Nachhaltigkeitsikone, Biobäuerin, Imkerin entführt uns in die faszinierende Welt der Bienen, die ein maßgeblicher Indikator für die Gesundheit unseres Lebensraumes sind. Ihr Credo: Bienenvölker sind komplexe Persönlichkeiten, sie verfügen über spezifische Charaktere und Eigenschaften, und sie können uns lehren, wie ein funktionierendes Gemeinwesen mit Werten wie Solidarität, Vertrauen, Arbeitsteilung und Demokratie entsteht.
Sarah Wiener nimmt uns mit auf eine abenteuerliche Reise durch den Lebenszyklus eines Bienenvolkes und beschreibt, welche Bedeutung das Imkern und die Beschäftigung mit den Bienen für sie haben.
Autorin
Sarah Wiener wurde 1962 geboren und wuchs in Wien auf. Das Kochhandwerk erlernte sie Ende der 70er Jahre in den Künstlerrestaurants ihres Vaters, dem Schriftsteller Oswald Wiener, in Berlin. Seit vielen Jahren engagiert sie sich für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen sowie für ein ethisch-ökologisches Ernährungsbewusstsein in unserer Gesellschaft. Sarah Wiener führt ein Restaurant in Berlin mit ausschließlich regionalen Zulieferern, eine Bio-Holzofenbäckerei und hat sich im Jahr 2015 – um den Kreislauf vom Acker auf den Teller zu schließen – ihren Jugendtraum erfüllt und ist gemeinsam mit Partnern auf dem uckermärkischen Gut Kerkow im Norden von Berlin unter die Bauern gegangen. Sie ist Beirätin von Cradle 2 Cradle und Botschafterin für biologische Vielfalt. Außerdem arbeitet sie mit Ihrer Stiftung daran, Kinder für gute Ernährung zu begeistern. Mit „Ich kann kochen“ hat die Sarah Wiener Stiftung 2016 Deutschlands größte praktische Ernährungsinitiative gestartet.
Quelle: Aufbau Verlag