Naturwissenschaftliche Sachbücher mag ich gern, so hat „Wie die Null aus dem Nichts entstand“ sofort mein Interesse geweckt. Zum einen, weil es ins literarische Beuteschema passt, zum anderen, weil der Buchtitel direkt mit einem Sachverhalt konfrontiert, den ich bis dato nie hinterfragt habe. Dass es Zahlen gibt – oder Zeichen – um bestimmte Mengen zu erfassen, ist klar, aber dass lange Zeit nichts existiert hat, um etwas nicht Vorhandenes auszudrücken, war mir ein völlig neuer Gedanke. Mein Interesse war noch mehr geweckt, meine Neugier entfacht!
Die Geschichte der Null von der Zählweise der Kerbhölzchen bis hin zu unserem bekannten Zeichen „0“ ist höchst interessant, die Entwicklung dieses besonderen Zeichens entwickelte sich, – ebenso wie einige Zählweisen – in mehreren Regionen gleichzeitig oder zeitlich versetzt, parallel. Dieses Hauptthema des Buches wird durchweg ausführlich, interessant und für Laien gut verständlich erklärt.
Der Untertitel lautet „Und weitere Sternstunden der Mathematik“, auch hier ist der Autor gründlich vorgegangen, zumindest was die Vielfalt an besagten Sternstunden betrifft. Ich habe sie alle – und noch viel mehr – wiedergetroffen, die guten alten Bekannten, Konstanten und Probleme aus dem Matheunterricht! Thales, Pythagoras, Pi, die Quadratur des Kreises – und wie sie alle heißen… Umberto Bottazzini ist auch hier zwar inhaltlich jeweils in die Tiefe gegangen, aber auf einem sehr hohen Niveau, dem ich mit zunehmendem Fortschreiten des Buches nicht mit meinem mathematischem Basiswissen beikommen konnte. Ich habe damals recht erfolgreich den Mathe-Leistungskurs absolviert, aber kein Studium des Fachs angehängt. Dann wären die knappen Erklärungen des Autors wohl besser verfolgbar gewesen.
„Wie die Null aus dem Nichts entstand“ ist mit seinen noch nicht mal 200 Seiten vom Umfang für ein solches mathematisches Werk recht knapp geraten, was für mich das Hauptproblem darstellt. Denn die Grundidee des Buches ist super, die Kompetenz des Autors definitiv gegeben. Nur ist er Professor der Mathematikgeschichte und kein Zauberer, weshalb es ihm schlicht nicht möglich ist, auf so wenig Raum die notwendige Tiefe mit dem für Laien, lediglich an der Mathematik interessierte Menschen, erforderlichen Erklärungsreichtum kombinieren zu können. Die geschichtliche Recherche ist wunderbar gelungen und es ist und bleibt erstaunlich für mich, zu welchen Leistungen die „frühen“ Völker und Kulturen fähig waren, ohne unsere modernen Hilfen zur Hand gehabt zu haben.
Wer mehr als durchschnittliches mathematisches Abiturwissen hat und sich für die Thematik interessiert, könnte von diesem Büchlein begeistert sein. Für nicht so intensiv Vorgebildete, wird einiges ein Rätsel bleiben, was ein bisschen frusten und die Lesefreude ausbremsen könnte, bei mir war es jedenfalls so.
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Inhalt
Es war eine Revolution, als ein unbekanntes Genie die ersten Ziffern aufzeichnete. Damit begann der Siegeszug der Mathematik: Auf einmal hatte alles einen Wert, ließ sich vermessen, zählen und berechnen. Anhand solcher Schlüsselmomente erzählt Umberto Bottazzini in sechs kurzen Kapiteln, wie die Mathematik unsere Welt eroberte.
Protagonisten dieser Erfolgsgeschichte sind die Zahlen: Warum ist das Wesen der Kreiszahl Pi die Lösung eines uralten Rätsels? Zählten Chinesen anders als Europäer? Und was hat es mit den imaginären Zahlen auf sich? Auf der Suche nach den Antworten vereint Bottazzini mathematisches Hintergrundwissen mit einem charmanten Streifzug durch Literatur, Kunst und Philosophie.
Autor
Umberto Bottazzini lehrte als Professor für Mathematikgeschichte in Mailand und schrieb für eine große italienische Tageszeitung über 25 Jahre lang eine Kolumne zu mathematischen Themen. Von der American Mathematical Society erhielt er den prestigeträchtigen ›Albert Leon Whiteman Prize‹ für seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Mathematikgeschichte; 2016 war er für den ›Premio Galileo‹ nominiert, eine der wichtigsten Auszeichnungen für Wissenschaftsvermittlung in Italien
Quelle: dtv Verlagsgesellschaft
Danke, dass du das Buch so ausführlich vorstellst. Ich hatte etwas Zugänglicheres erwartet. Nun weiß ich, dass es für mich leider nicht geeignet ist.
Es ist halt schwer, all die vielen Themen auf der Seitenzahl intensiv und durchweg verständlich unterzubringen.