„Hinter dem Mädchenwald liegt der Knöchelchensee. So heißt der See nicht wirklich. Ich glaube, er hat gar keinen Namen. Aber ich habe einmal im Uferschilf drei winzige Knochen gefunden, durch Gelenke verbunden. Sie sahen aus wie die Knöchelchen im Zeigefinger eines kleinen Kindes. Ich habe sie in meine Sammlung von Andenken und seltsamen Funden gelegt, die ich in einer Tupperdose unter einem losen Dielenbrett in meinem Zimmer aufbewahre.“
So Elijah, als er von der Gegend erzählt, in der er lebt. Er kennt den Mädchenwald so gut wie seine Westentasche, eins seiner bevorzugten Ziele ist eine Hütte im Wald, baugleich mit dem Häuschen, in dem er mit seiner Familie wohnt. Aber diese andere Hütte ist ein Ort des Grauens, denn dessen dunkler Keller dient als Gefängnis für Elissa, die entführt und verschleppt wurde. Verzweifelt versucht sie, einen kühlen Kopf zu behalten, ihre Situation einzuschätzen – was sie auf brillante Wise tut – und einen Plan zu ersinnen, der ihr die Freiheit zurückgibt. Wenn da nur nicht diese üble Verletzung wäre, die sie sich unachtsam zugezogen hat. Und wären da nicht diese seltsamen Besuche des Kidnappers. Aber auch wenn Elijah bisweilen verspielt und hilflos wie ein Hundejunges auf sie wirkt, weiß sie nicht, vor wem sie sich mehr fürchten soll, vor ihm oder dem Entführer. Ehrlich gesagt wusste ich es auch nicht, denn auch auf mich wirkte der Junge zwar unbedarft, aber auf eine gewisse Art auch gefährlich, denn sein leicht unterbelichtet anmutendes Wesen passt nicht zum messerscharfen Verstand, der immer wider aufblitzt. Elissa tat dennoch ihr Bestes, um für sich den geringsten Schaden zu erwirken, voller Hoffnung auf Rettung.
Auch an anderer Stelle wird mit Hochdruck daran gearbeitet, das Mädchen zu finden, respektive eine Spur nach ihrem Verbleib zu erhalten. Die allein erziehende Mutter ist verzweifelt, aber hoffnungsvoll. Die Kommissarin, die selbst von brisantem privaten Kummer gequält wird, befürchtet das Schlimmste, da anfangs lange wertvolle Zeit ergebnislos verstreicht. Doch plötzlich kommen die Dinge überraschend ins Rollen, aber in eine Richtung, mit der ich niemals gerechnet hätte.
Chapeau, Sam Lloyd! Und herzlichen Dank für diese großartige, kurzweilige, megaspannende Unterhaltung, die sich in jeder Hinsicht durchweg auf hohem Niveau bewegt. Ich bin nachhaltig geflasht – von der Auswahl und Ausarbeitung der Charaktere, dem Setting, den Geschichten von Elissa und Elijah, die sich im Mädchenwald auf skurrile, makabre Weise kreuzen, und auch von dem Ende, das mich jedoch etwas traurig zurückgelassen hat, sowie den vielen Wenden und Überraschungen, die die Geschichte bisweilen wie ein Quantensprung auf ein höheres Niveau katapultierten.
Ebenso gelungen wie der Thriller selbst ist die Auswahl der Sprecher, die die Rollen von Elijah, Elissa sowie der Kommissarin überzeugend und unter die Haut gehend umsetzen und somit der Geschichte zu weiterem Thrill und Intensität verhelfen.
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Inhalt
… und auch so bitterkalt.
Auf dem Weg zu einem Schachturnier wird die 13-jährige Elissa betäubt und entführt. Als sie erwacht, liegt sie in einem dunklen Keller. Ihre Situation scheint aussichtslos – bis Elijah ihr Verlies entdeckt und sie heimlich zu besuchen beginnt. Elijah ist ein Einzelgänger, der mit seinen Eltern in einer abgeschiedenen Hütte im Wald lebt. Er kennt keine Handys und kein Internet. Aber er weiß, dass sein Leben aus den Fugen gerät, wenn er jemandem von dem Mädchen erzählt. Elissa erkennt, dass ihr nur mit Elijahs Hilfe die Flucht gelingen kann. Doch der Junge ist sehr viel cleverer, als er zu sein vorgibt. Und er hat längst begonnen, das Spiel nach seinen Regeln zu spielen …
Sprecher
Gerrit Schmidt-Foß ist die unverwechselbare deutsche Synchronstimme von Leonardo DiCaprio und Sheldon Cooper aus „The Big Bang Theory“. Neben seiner Tätigkeit als Hörspiel- und Hörbuchsprecher arbeitet er auch als Dialogautor und -regisseur.
Tanja Geke ist eine vielbeschäftigte Schauspielerin, Synchron- und Hörbuchsprecherin. Sie leiht ihre ausdrucksstarke Stimme u. a. Eva Green und Maggie Gyllenhaal. Tanja Geke versteht es meisterhaft, akustische Bilderwelten zu erzeugen.
Monika Oschek studierte Schauspiel an der UdK in Berlin. Neben ihrer Arbeit für Film und Fernsehen (u.a. in der ARD-Serie „Charité“) gibt sie Lesungen, ist als Sprecherin für RBB Kulturradio tätig, synchronisiert und hat bereits an mehreren Hörbuchproduktionen mitgewirkt.
Quelle: Argon Verlag