Der zweite Weltkrieg ist vorbei, Deutschland liegt in Trümmern. Die Mehrzahl der Menschen lebt von der Hand in den Mund, schläft abends hungrig und voller Sorgen um den nächsten Tag ein. Weiter können die wenigsten denken, denn das tägliche Leben mit dem Fokus auf das Hier und Jetzt fordert alle Kraft. Alle packen mit an -alle, die der Krieg nicht verschlungen hat, viele Familien sind zerstört, aber für Trauer ist kaum Platz, der Blick ist nach vorn gerichtet.
Hanno und seine kleine Schwester leben mit der Mutter, der Vater gilt als vermisst. Der Junge tut alles, um die kleine Familie gut durchzubringen, und nimmt gemeinsam mit der Mutter den Kampf gegen Hunger, Angst und Kälte auf. Obwohl sie das an ihre Grenzen bringt, sind ihnen im Schwarz des Krieges nicht die Wärme und Menschlichkeit abhanden gekommen. Denn als Hanno eines Tags bei seinen Touren einen kleinen, einsamen Jungen entdeckt, wird er ganz selbstverständlich in die Familie aufgenommen – was später mehrmals für Schwierigkeiten sorgt – und wächst im Kreise der Dietzes auf.
In einem weiteren Erzählstrang, der ebenfalls im Nachkriegsdeutschland spielt, werden andere böse Schatten des Krieges aufgezeigt. Wie Menschen damals manchmal mit anderen Menschen, mit Ihresgleichen, umgegangen sind, und das mit der größten Selbstverständlichkeit und einem grausam anmutenden guten Gewissen, schickte mir gelegentlich einen Schauer über den Rücken.
Die dritte Handlung spielt sich zwar in der Gegenwart ab, greift aber schließlich tief in die Vergangenheit, und öffnet die Büchse der Pandora, mit dramatischen Folgen!
Mechthild Borrmann ist eine gute, fokussierte Erzählerin und sie bringt ihren Lesern und Hörern sehr eindringlich, intensiv und authentisch die deutschen Nachkriegsjahre nahe – mit ihren wenigen Höhen und den vielen Tiefen. Dass die drei Erzählstränge miteinander zusammenhängen, ahnt man schnell. Wie genau sie jedoch verflochten sind, löst die Autorin zum Schluss auf, wobei mir die Verstrickungen im Vergleich zum ansonsten sehr gemächlich erzählten vorherigen großen Teil des Romans entschieden zu schnell entwirrt werden.
Von diesem Kritikpunkt einmal abgesehen, hat mich „Trümmerkind“ rundum begeistert.
Den intensiven Stil setzt Vera Teltz mit ihrer gleichermaßen distanzierten wie emotionalen Sprechweise, die mir wirklich nahe ging, sehr gut um. Möge niemals jemals leichtfertig unseren wunderbaren Frieden auf´s Spiel setzen!
Inhalt
Der kleine Hanno Dietz schlägt sich mit seiner Mutter im Hamburg der Nachkriegsjahre durch. Steine klopfen, Altmetall suchen, Schwarzhandel – das ist sein Alltag. Eines Tages entdeckt er in den Trümmern eine Tote – und etwas abseits einen etwa dreijährigen Jungen, der erstaunlich gut gekleidet ist. Das Kind spricht kein Wort, Verwandte sind nicht auffindbar. Und so wächst das Findelkind bei den Dietzens auf. Jahre später kommt das einstige Trümmerkind durch Zufall einem Verbrechen auf die Spur, das auf fatale Weise mit seiner Familie verknüpft ist …
Autorin
Mechtild Borrmann, 1960 geboren, lebt in Bielefeld. Bevor sie sich dem Schreiben von Kriminalromanen widmete, war sie u.a. Tanz- und Theaterpädagogin, Groß- und Außenhändlerin und als Gastronomin tätig. 2012 wurde ihr Roman Wer das Schweigen bricht mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet.
Sprecherin
Vera Teltz ist neben diversen Theater- und Fernsehrollen bekannt als die Stimme von Filmgrößen wie Helena Bonham Carter, Naomie Harris, Alicia Keys und Elizabeth Banks. Ihre elegante und ausdrucksstarke Stimme macht sie zu einer beliebten Hörbuchsprecherin.
Quelle: Argon Verlag