*+* Laetitia Colombani: „Das Haus der Frauen“ (Print und Hörbuch) *+*

Wer „Der Zopf“ ebenso begeistert wie ich gelesen oder gehört hat, wird meine Freude über das zweite Buch von Laetitia Colombani verstehen. Hatte sie in ihrem Debutroman auf einer einzigen Zeitschiene von drei Frauen erzählt, deren Wege sich auf schicksalhafte Weise kreuzen, wählt sie nun eine etwas abgewandelte Methodik. Dieses Mal stehen zwei Frauen im Fokus, die jeweils eine eigene Ära repräsentieren.

Solène ist eine erfolgreiche Anwältin – bis sie völlig ausgebrannt zusammenbricht. Während ihrer Rekonvaleszenz wird ihr klar, dass es so nicht weitergehen kann, dass sie ihrem Leben eine andere Richtung geben muss. Als sie sich stark genug fühlt, sieht sie sich nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit um, und landet schließlich als Schreiberin im Frauenhaus. Zunächst fühlt sie sich während dieser stundenweisen Aufenthalte sehr unwohl und stellt ihren Nutzen für diese Frauen in Frage. Als diese den „Eindringling“ Solène jedoch akzeptiert haben, beginnen sie, sich der Schreiberin zu öffnen. Dies wiederum öffnet Solène die Augen, denn sie begreift, was wirkliche Probleme sind und um welch existenzielle Dinge sich Sorgen drehen können. Ihr verbissenes Dasein in den Gerichtssälen scheint auf einem anderen Planeten stattgefunden zu haben. Ist es wirklich so wichtig, sein ohnehin erfolgreiches Leben mit weiteren Siegen in Anwaltsduellen immer weiter in die Höhe zu schrauben und dabei seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen? Ist es richtig, seine Leidenschaft, seinen Ehrgeiz, seine Kraft und den Fokus einzig und allein auf beruflichen Erfolg und materielle Höhenflüge zu richten?

Als Solène sieht, mit welchen Problemen, Ängsten und Sehnsüchten die bunte Collage der Frauen im Frauenhaus zu kämpfen hat, wird sie demütig, und schafft es tatsächlich, zumindest auf Gefühlsebene, eine von ihnen zu werden. Sie begibt sich auf eine Stufe, die sie früher niemals beachtet hätte, und fühlt sich schließlich reicher denn je.
Mich hat vor allem dieser Strang der Gegenwart sehr berührt und mich auf emotionaler Ebene tief erreicht. Der Inhalt, den die Autorin vermitteln möchte, trägt Andrea Sawatzki sehr einfühlsam und lebendig an den Hörer heran.

Auch die Sprecherin für den zweiten Erzählstrang ist gut gewählt. Sie vertont ebenso angenehm und anrührend das Leben der Blanche Peyron. „Der wer???“ werden jetzt sicher einige von euch denken. Diesen Namen habe auch ich erst durch „Das Haus der Frauen“ kennengelernt und ziehe im Nachhinein wirklich den Hut vor dieser taffen, zähen Dame, für die Ablehnung und Hindernisse nur Ansporn waren, ihr Herzensprojekt zu verwirklichen. Sie hat das Haus der Frauen, in dem Solènes Teil der Geschichte spielt, gegründet. Dieses Frauenhaus gibt es wirklich, die Autorin hat intensiv vor und hinter den Kulissen recherchiert und sie gibt ein gutes Stück von sich selbst und ihren Erfahrungen in dem Teil der Gegenwart. Blanche Peyron hat immer die gute Sache in den Vordergrund gestellt und sich selbst zurückgenommen – das stünde auch heutzutage so manchem vermeintlich „Großen“ gut zu Gesicht. Ebenfalls die in der Geschichte groß geschriebenen „großen Drei“ Toleranz, Hilfsbereitschaft und Solidarität sind gerade heutzutage wichtige Werte und können nicht oft genug thematisiert werden.

„Das Haus der Frauen“ ist wunderbare Unterhaltung auf hohem Niveau. Das Buch hat mir einige Stunden guter, intensiver Unterhaltung beschert und ganz nebenbei auf angenehme Weise meinen Horizont erweitert. Von mir gibt es dafür eine uneingeschränkte Lese-, Hör- und Schenkempfehlung und ich habe dem Roman gerne mein Plätzchen in Monerls Linkparty überlassen. 🦉

Inhalt
Paris steht ein Haus, das allen Frauen dieser Welt Zuflucht bietet. Auch der erfolgreichen Anwältin Solène, die nach einem Zusammenbruch ihr Leben in Frage stellt. Im »Haus der Frauen« schreibt sie nun im Auftrag der Bewohnerinnen Briefe – an die Ausländerbehörde, den zurückgelassenen Sohn in Guinea, den Geliebten – und erfährt das Glück des Zusammenhalts und die Magie dieses Hauses. Weil Solène anderen hilft, hat ihr Leben wieder einen Sinn. Doch wer war die Frau, die vor hundert Jahren allen Widerständen zum Trotz diesen Schutzort schuf? Solène beschließt, die Geschichte der Begründerin Blanche Peyron aufzuschreiben.
Ein ergreifender Roman über mutige Frauen und ein Plädoyer für mehr Solidarität.

Autorin
Laetitia Colombani wurde 1976 in Bordeaux geboren, sie ist Filmschauspielerin und Regisseurin. Ihr erster Roman »Der Zopf« stand wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und wird verfilmt. Für ihren zweiten Roman »Das Haus der Frauen« recherchierte Colombani im »Palais de la Femme« in Paris, einem Wohnheim für Frauen in Not. Sie sprach mit Mitarbeiterinnen und Bewohnerinnen und wurde eine von ihnen. »Das Haus der Frauen« ist der erste Roman über Blanche Peyron, die 1926 unter widrigsten Umständen eines der ersten Frauenhäuser begründete. Laetitia Colombani lebt in Paris.
Quelle: Fischer Verlage 

Sprecherinnen
Andrea Sawatzki begeistert ihr Publikum als Schauspielerin, Autorin und Sprecherin. Ihre mehrfach ausgezeichnete Stimme hat sie bereits vielen Hörbuchbestsellern geliehen.
Ruth Reinecke begeistert auf der Bühne wie in Film und Fernsehen. Sie war in Maren Ades gefeiertem Kinofilm Toni Erdmann zu sehen und erhielt für ihr Mitwirken in Weissensee den Grimme-Preis. Seit 1979 ist sie am Maxim Gorki Theater zu sehen.
Quelle: Argon Verlag

Über irveliest

Wie ihr euch sicher schon denken könnt lese ich sehr gerne, am liebsten Krimis und Thriller, aber auch niveauvolle Romane, Kinder- und Jugendbücher. Meine Lieblingsbuchhandlungen sind unsere kleine Buchhandlung am Ort und zum ordentlichen Stöbern Thalia in der Nachbarstadt. Online stöbere ich am liebsten bei lovelybooks und auch bei Amazon nach Büchern...
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4 Antworten zu *+* Laetitia Colombani: „Das Haus der Frauen“ (Print und Hörbuch) *+*

  1. Mir hat es auch gut gefallen – persönlich hat mich „Der Zopf“ mehr angesprochen 😊

  2. Hallo liebe Heike,
    Die Bücher der Autorin habe ich schon länger im Hinterkopf und deine Rezension hat mich nun sehr neugierig auf die Romane gemacht. Ich werde wahrscheinlich zunächst „Der Zopf“ lesen. Danke für deine tolle Rezension. :)
    Liebe Grüße und eine schöne Woche
    Nicole

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