„LU“ ist der letzte Band von Jason Reynolds Vierteiler über die Defenders. In jedem Teil rückt ein anderes Mitglied der Laufteams in den Fokus. Nachdem ich die gesamte geniale Reihe über Ghost, Patina, Sunny und Lu gehört habe, muss ich sagen, dass mir die Geschichte über Lu am besten gefallen hat – aber toll und empfehlenswert sind auch die anderen Stories.
Lu hat im Gegenteil zu den anderen drei Kollegen ein intaktes Elternhaus. Er wird mit Mutter und Vater groß, auch liegt nicht das Damoklesschwert einer schweren Krankheit oder von Armut über seiner Familie. Und dennoch hat er so manches Päckchen zu tragen. Er ist Albino, was ihn ständig daran erinnert, anders zu sein. Er hat sich damit abgefunden, meint aber, mit absoluter Coolness von seiner hellen Haut ablenken zu müssen – mir schien, dass er das mehr wegen sich selbst als wegen der anderen tat.
Das eingespielte Familiengefüge wird gestört, als die Eltern verkünden, dass Lu demnächst ein kleines Geschwisterkind bekäme. Wie er anfangs darauf reagiert, kann man sich denken…
Aber der Gedanke daran, großer Bruder zu werden, setzt etwas in ihm in Gang. Großer Bruder, das heißt, Verantwortung zu haben für jemanden außer sich. Er hört auf, lediglich auf sich selbst fokussiert zu sein, wirft immer häufiger einen Blick über den Tellerrand und erkennt, dass sein leichtes, buntes Leben auf einer schwierigen, dunklen Vergangenheit aufgebaut wurde, die Auswirkungen in die Gegenwart und indirekt auch auf sein Leben hat. Ja, seine Eltern lieben ihn, daran lässt sich nicht rütteln, aber die Lebensumstände, vor allem die des Vaters, waren einmal ganz andere. Von dieser Vergangenheit kann er sich nicht lösen, er hat sehr viel falsch gemacht, und versucht, nun wiedergutzumachen, wann immer das möglich ist. Nicht selten muss man bei so etwas über seinen eigenen Schatten springen, aber alle Anstrengungen dafür sind es wert, auf sich genommen zu werden. Zum einen kommt man dadurch mit sich selbst ins Reine, zum anderen hat man so die Chance, alte Probleme und Fehler aus dem Weg räumen und mit den Betroffenen möglicherweise einen Neuanfang zu wagen.
Während der Geschichte wird Lu ein Stück weit erwachsen. Er sieht die Dinge zunehmend aus anderen Blickwinkeln und verrückt dabei für sich selbst die Prioritäten zum Positiven. So enden sowohl dieser Teil als auch die gesamte Reihe mit einem überraschenden Ende, das mir sehr gut gefallen hat.
Neben den erneut überaus gelungenen Charakteren – sehr schön ist, dass immer alle Teammitglieder einen Platz in egal welcher der vier Geschichten finden – mochte ich den flotten, flippigen Erzählstil sehr, ebenso die Entwicklung der Figuren, ihre glaubwürdige Anpassung an neue Situationen. Jason Reynolds stellt klar, dass nicht nur die mit dir verwandten Menschen deine Familie sind, sondern dass auch beispielsweise ein Laufteam zu einer solchen zusammenwachsen kann. Home is, where your heart is!
Ganz wunderbar liest Pascal Houdos Lus Geschichte. Er hat ein Gespür für die verschiedenen Stimmungen und setzt sie gut um, außerdem fühlt er sich intensiv in den Jungen hinein und vertont dessen Gefühlslagen sehr glaubwürdig. So wird aus diesem Audiobook ein mitreißenden Hörerlebnis.
Inhalt
Lu ist Albino und Vizekapitän seiner Lauf-Mannschaft. In jedem Fall ist er ein Gewinner und glänzt auf der Aschenbahn, durch Selbstbewusstsein, coole Sprüche und Talent, aber auch durch Schmuck und die neueste Kleidung.
Lu glaubt fest, dass er Ghost, Sunny, Patina und dem Team zum Sieg in der Meisterschaft verhelfen kann. Aber so einfach ist es dann doch nicht. Plötzlich sind da Hindernisse auf Lus Bahn – und nicht nur wortwörtliche. Seine Familie fordert ihn ebenso wie die Mannschaft. Seine Mutter ist unerwartet zum zweiten Mal schwanger und er beginnt sich mit dem Gedanken anzufreunden, ein großer Bruder zu werden. Außerdem hilft er seinem Vater, einem ehemaligen Drogendealer, der heute in der Prävention arbeitet, seine früheren Fehler wiedergutzumachen. Lu muss bei alldem schnell herausfinden was Gewinnen wirklich bedeutet. Erwartet das Überraschende in dieser finalen Episode von Jason Reynolds preisgekrönter Läuferreihe.
Autor
Jason Reynolds gehört in den USA zu den neuen Stars der Jugendbuchszene, von der Presse hoch gelobt und mehrfach ausgezeichnet. Sein Roman Ghost verkaufte sich in kurzer Zeit über 100.000 Mal und war auf der Shortlist für den National Book Award.
Sprecher
Pascal Houdus. Der deutsch-französische Schauspieler studierte in Berlin und ist seit 2013 Ensemblemitglied im Thalia Theater. Bekannt wurde er auch durch diverse Fernseh- und Kinoproduktionen. Er ist außerdem Leichtathlet und Leistungsturner.
Quelle: Hörcompany