Als in einer verkommenen Deichmühle eine Leiche gefunden wird, scheint der Fall auf den ersten Blick klar: Der Bewohner hat sich bei einem Sturz von der maroden Treppe lebensgefährlich verletzt. Auf den zweiten Blick trübt sich jedoch die Sicht, denn Frida entdeckt eine verdeckte Bodenklappe – und öffnet Pandoras Büchse. Denn was sie in der Kammer unter der Mühle findet, lässt nicht nur in ihr eine böse Vorahnung aufwallen. Der alte, verstorbene Mann war scheinbar nicht so harmlos wie gedacht.
In seinem privaten Gefängnis muss er jemanden beherbergt haben, und zwar auf ganz perfide Weise. Schnell haben die Ermittler eine Ahnung, wer dort seiner Freiheit beraubt worden sein könnte, denn vor Jahren ist eine junge Frau wie vom Erdboden verschluckt worden und wird seitdem vermisst.
Der Fall hat es mal wieder in sich. So einfach, wie es aussieht, ist es nämlich nicht. Denn die Kammer ist leer! So beginnen sowohl die Suche nach der vermeintlich lang vermissten Frau als auch nach möglichen Helfershelfern des Alten. Dass er sein Gefängnis-Ding nicht allein gedreht haben kann, vermuten Frida und Haverkorn nach einiger Zeit der Ermittlungen. Der Fall entwickelt sich langsam, es wird sehr gründlich gesucht und recherchiert. Schließlich ist nach einigen neuen Erkenntnissen und überraschenden Wenden alles lupenrein aufgeklärt. Mir hat sehr gut die relative Entspanntheit in der Aufklärung gefallen, die einfach zur Atmosphäre der Elbmarsch passt. Auch wenn man gründlich und nicht überstürzt handelt, kommt man schließlich zum Ziel!
Erzählt wird aus zwei Perspektiven. Zum einen begleiten wir die Ermittler bei ihrem Tun, was den Großteil des Kriminalromans ausmacht. Zum anderen sind immer wieder Passagen eingeschoben, die einem Tagebuch gleich die Gefangenschaft der Frau beschreiben. Durch die Wahl dieser Form wurden die Erkenntnisse für mich noch intensiver und grausamer, ebenso mein dringender Wunsch, dass das Opfer unbedingt noch leben und gefunden werden musste!
Das Feeling der großartigen Natur ist leider nicht so intensiv eingefangen worden, was mich aber nicht wundert. Denn die bezaubernde Atmosphäre der Kulisse ist im ersten Teil so großartig umgesetzt worden, davon kann man auch nun zehren. Schließlich weiß der Leser, in welcher Gegend Frida und Haverkorn ermitteln und in einem Krimi mag sicher nicht jeder immer wieder aufs Neue mit seitenlangen Beschreibungen der Landschaft bedacht werden.
Dennoch haben der Fall und seine Aufklärung einiges an Buchseiten abtreten müssen. Auch in diesem Band wird ähnlich intensiv wie im zweiten Teil der Reihe, „Bluthaus“, auf das Privatleben der Ermittler eingegangen. So tragen Frida und Haverkorn mehr als ein großes Päckchen an persönlichen Problemen und bekommen sehr viel Raum zugestanden, die kompliziert geschnürten Lasten gründlich auszupacken, zu entwirren und Lösungen dafür zu finden. War mir persönlich die Atmosphäre der Elbmarsch zu schwach umgesetzt, so war mir der Anteil von Fridas und Haverkorns Privatleben für einen Krimi zu stark beleuchtet. Aber jeder hat halt einen anderen Geschmack.
„Sterbekammer“ hält einen interessanten Fall für die Leser bereit, bei dem auf den ersten Blick nur die Spitze des Eisbergs zu sehen ist. Vor der Kulisse der Elbmarsch lösen die Ermittler schließlich nicht nur gründlich und geschickt das Verbrechen auf. Sie setzen sich auch erfolgreich mit ihren umfangreichen persönlichen Problemen auseinander.
Inhalt
In einer abgelegenen Deichmühle wird die Leiche eines alten Mannes gefunden, der als starrköpfiger Eigenbrötler bekannt war. Als Polizistin Frida Paulsen in der Mühle auf eine verdeckte Bodenklappe stößt, ist sie zutiefst erschüttert, denn die Tür führt zu einer Kammer, die wie ein Gefängnis anmutet. Ihr Kollege Bjarne Haverkorn erinnert sich an eine junge Frau, die vor Jahren spurlos in der Marsch verschwand. Alles deutet darauf hin, dass die Entführte in der Kammer gefangen gehalten wurde …
Autorin
ROMY FÖLCK wurde 1974 in Meißen geboren. Sie studierte Jura, ging in die Wirtschaft und arbeitete zehn Jahre für ein großes Unternehmen in Leipzig. Mit Mitte dreißig entschied sie, ihren großen Traum vom Schreiben zu leben. Sie kündigte Job und Wohnung und zog in den Norden. Mit ihrem Mann lebt sie heute in einem Haus in der Elbmarsch bei Hamburg, wo ihre Romane entstehen. Ihre Affinität zum Norden kommt nicht von ungefähr, verbrachte doch ihr Vater seine ersten Lebensjahre in Ostfriesland.
Quelle: Bastei Lübbe