*+* Eva Reichl: „Mühlviertler Rache“ *+*

Wie habe ich mich auf den zweiten Fall für den liebevollen Opa und sympathischen Ermittler Oskar Stern gefreut. Brachte in „Mühlviertler Blut“ noch der „Vampirmörder“ Aufregung in das Leben des gestandenen Polizisten, ist es dieses Mal ein Kopfloser auf den Bahnschienen.

Besonders unglücklich ist, dass Stern ausnahmsweise jetzt seine beiden Enkel mit zu den Ermittlungen nehmen muss, denn der Leichenfund und vor allem die Gegend drumherum sind nicht wirklich gut für Kinderaugen und -seelen geeignet. Hin und hergerissen zwischen dem dementsprechend großen Entsetzen und Erleichterung – denn die Enkel werden anschließend großartig betreut – war ich also zu Beginn des Krimis. Aber das Aufatmen währte nicht lang. Die Ermittlungen erweisen sich als kompliziert, es scheint so mancher mit wichtigen Hinweisen hinter dem Berg zu halten. Aber Stern, der kurz vor der Pensionierung steht, wirft all seine Erfahrung in den Ring und fährt mit den Kollegen – allen voran meiner weiblichen Lieblingsfigur Grünbrecht – nach einem Start mit angezogener Handbremse zunehmend rasant den unruhigen, loopingreichen Parcours auf dem Weg zur Wahrheit.

Der Tote war Scheidungsanwalt und so gibt es zahllose potenzielle Täter. Wo also mit den Ermittlungen beginnen? Nach umfangreicher akribischer Fleißarbeit ist man kaum ein Stück weiter, hat dafür aber ein zweites Mordopfer zu beklagen, die Putzfrau der örtlichen Schule.

Nun wird gerätselt, hat man es mit zwei einzeln stehenden Morden zu tun oder besteht ein Zusammenhang? Den jedoch kann man rein gar nicht sehen und wenn nicht beim ereignisreichen Finale eine kopflose Kurzschlussreaktion stattgefunden hätte, wären die Fälle wohl ungelöst geblieben. So setzt sich aber plötzlich mit logischer Klarheit das Verbrechens-Puzzle zusammen und beide Fälle sind federleicht gelöst.

Mich haben wie schon im Auftaktband die liebevollen, warmherzigen, sehr menschlichen Charaktere, die sich schlüssig weiterentwickelt haben, begeistert, ebenso die flüssige, detaillierte Schreibe, die sich stets im Bereich von atemlos-spannend bis amüsant-entspannend bewegt und gewürzt ist mit Ausdrücken der österreichischen Mundart. Ganz besonders ist mir im Gedächtnis geblieben, dass sich Sterns Enkel gebrennnesselt hat, als er aus dem Gebüsch kam.

Die beiden Fälle sind gut geschildert, aufgebaut und aufgelöst. Dabei kommt zwar Privates nicht zu kurz – hier interessiere ich mich ausnahmsweise brennend für das Privatleben der Hauptfiguren, weil ich sie sehr mag und zum Glück ja gar nicht neugierig bin, was sich da tut -, den Großteil des Buches nimmt aber eindeutig der Krimi-Part ein. Der ist wie schon erwähnt sehr gut gelungen. Die Fälle, ihre Hintergründe, die gute Ausleuchtung der Dunstkreise der Opfer, der Wechsel von spannenden und entspannenden Phasen haben mir ebenso gut gefallen wie die Ausarbeitung aller Charaktere, die mit ihren Umständen teilweise ganz nah an der Zeit pulsen und einen guten Realitätsbezug bieten. Das Tüpfelchen auf dem „I“ sind die lebhaften, bunten, detaillierten Schilderungen des Mühlviertels und seinen Menschen, die nicht konstruiert sondern wie aus dem Leben gegriffen anmuten.

Hoffentlich müssen die Oskar-Stern-Fans nicht so lange auf den dritten Streich der Autorin warten, ich freue mich jedenfalls schon sehr darauf!!

Inhalt
Kopflos Ein Toter auf den Bahngleisen zwischen Freistadt und Summerau gibt Oskar Stern und Mara Grünbrecht vom LKA Linz Rätsel auf. Der Mann war offenbar an die Schienen gefesselt worden, der heranrasende Zug erledigte den Rest. Doch was hat das Opfer getan, dass es einen derart grausamen und theatralisch inszenierten Tod verdiente? Als seine Identität geklärt ist, haben Chefinspektor Stern und sein Team bald mehr Verdächtige, als ihnen lieb ist: Denn der Tote war Scheidungsanwalt.

Autorin
Eva Reichl wurde in Kirchdorf an der Krems in Oberösterreich geboren und lebt mit ihrer Familie am Rande des Mühlviertels, wo auch ihre Krimi-Serie beheimatet ist. Zu ihrem Hauptberuf Controllerin bietet das Schreiben einen wunderbaren Ausgleich. Neben Kriminalromanen veröffentlicht Eva Reichl auch Kinderbücher.
Quelle: Gmeiner Verlag

Über irveliest

Wie ihr euch sicher schon denken könnt lese ich sehr gerne, am liebsten Krimis und Thriller, aber auch niveauvolle Romane, Kinder- und Jugendbücher. Meine Lieblingsbuchhandlungen sind unsere kleine Buchhandlung am Ort und zum ordentlichen Stöbern Thalia in der Nachbarstadt. Online stöbere ich am liebsten bei lovelybooks und auch bei Amazon nach Büchern...
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