*+* Hendrik Groen: „Tanztee“ (Hörbuch) *+*

Als ich „Tanztee“ hörte, wusste ich nicht, das es sich um einen zweiten Teil, nämlich die Fortführung von „Eierlikörtage“ handelt. Durch die immer wieder eingestreuten Rückblick-Spots war mir einerseits schnell klar, dass ich mit dem falschen Teil begonnen hatte. Andererseits waren diese Einwürfe aber so treffend informativ, dass ich dadurch gut genug im Bilde war, um dieser Fortsetzung problemlos folgen zu können.

Erzählt wird aus der Sicht von Hendrik Groen, Bewohner eines Altenheims und Mitglied des Alt-aber-nicht-tot-Clubs. Schon allein dieser Name ist ein Hinweis auf den teilweise bissigen, sarkastischen, bösen Humor, mit dem die Geschichte gespickt ist. Aber wer will es dem alten Herrn verdenken? Ein Großteil seines Lebens ist vorbei und nun lebt er im Altenheim, um – sind wir ehrlich – auf seinen Tod zu warten. Gottlob ist dieser Hendrik ein toller Typ. Jammern gilt nicht, und wenn, dann nur ganz kurz. Beschwerden werden so gut ignoriert, wie es geht, und die traurigen Erinnerungen, die er leider hat, lässt er auch nicht die Oberhand gewinnen. Aktuelle dramatische Ereignisse machen ihm zwar zu schaffen, aber er bewahrt auch da Haltung und lässt sich von nichts aus der Bahn werfen. Nein, Hendrik versucht, aus der letzten Station seines Lebens das Beste zu machen. Mit seinem Club plant er dem Alter und Zustand der Mitglieder angepasste Unternehmungen, um für Abwechslung, Ablenkung und schöne Momente zu sorgen. Erfreulicherweise stehen ihm auch jüngere Menschen zur Unterstützung bei, denn im gehobenen Alter schafft man nicht mehr alles alleine.

Hendrik ist ein sperriger Typ, direkt, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen – ein Vorzug des Alters -, bleibt dabei aber im Grunde immer fair und friedlich. Zudem zeigt er immer wieder mehr Herz als ich in diesem bisweilen bissigen Typ vermutet hätte. Die Unbill des Leben hat diese Schutzmauer um ihn gebaut, die er aber wenn Hilfe gebraucht wird und Not am Mann ist, aber gerne durchbricht, was ihm weitere Pluspunkte bei mir einbrachte.

Der Sprecher Felix von Manteuffel vertont den Erzähler Hendrik Groen so glaubhaft, dass ich oft den Eindruck hatte, der alte Mann läse mir höchstpersönlich sein Tagebuch vor. Die sprachliche Umsetzung des Romans ist ebenso großartig gelungen wie die Vorlage selbst!+

Nicht nur die Hauptfigur ist wunderbar ausgearbeitet, auch seine Mitbewohner, die ein riesiges Charakter-Portfolio abdecken, haben mir durchweg gut gefallen. Auch mag ich den Erzählstil in Form eines Tagebuchs sehr. Denn so ist man durch die Ich-Form ganz nah dran an Hendriks Gedanken, Erinnerungen, Plänen und Gefühlen, was mich an einigen Stellen zu Tränen gerührt hat.

Alt werden ist nicht leicht, alt sein noch viel weniger. Und wer es schafft, dem mit Chuzpe entgegenzutreten, verdient meinen vollen Respekt, auch wenn es nur eine Romanfigur ist. Die Botschaft, die ich für mich daraus ziehe, trifft meine Lebensphilosophie: Man muss aus allem das Beste machen und anderen dabei helfen, die es nicht so gut können. Never give up!

Inhalt
Der Alt-aber-nicht-tot-Club von Hendrik Groen und seinen Freunden ist zwar noch ein bisschen älter geworden, aber auch im neuen Jahr sind sie voller Energie – und gewillt, sich die Zeit im Altersheim Amsterdam-Nord so angenehm wie möglich zu machen. Hendrik nimmt den Rentneralltag zwischen Arztbesuchen und Bingoabenden aufs Korn, beschwört die Kraft der Liebe und Freundschaft und findet immer wieder die passenden Worte für unsere verrückte und manchmal schreckliche Welt, der ein bisschen mehr Altersweisheit, Humor und Selbstironie verdammt guttun würde.

Nach dem großen Erfolg von Eierlikörtage ist Tanztee der zweite Streich des liebenswürdigsten und humorvollsten Rentners der westlichen Hemisphäre. Erneut brillant gelesen von Felix von Manteuffel!

Autor
Hendrik Groen veröffentlichte die ersten Einträge seines Tagebuchs auf der Website des Torpedo Magazine, bevor es in Holland zu einem überragend erfolgreichen Buch wurde und sich im ganzen Land Hendrik-Groen-Fanclubs gründeten. Er selbst sagt über seine Romane: »Kein Satz ist eine Lüge, aber nicht jedes Wort ist wahr.«

Sprecher
Felix von Manteuffel spielt seit über vierzig Jahren auf den großen deutschen Theaterbühnen in München, Hamburg, Frankfurt und Köln. Außerdem wirkte der mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Schauspieler im Fernsehen in diversen Tatort-Folgen mit und war im Zweiteiler Im Schatten der Macht zu sehen. Als Hörbuchsprecher machte er sich durch Lesungen von Werken Max Frischs oder Umberto Ecos einen Namen.
Quelle: Hörbuch Hamburg Verlag

Über irveliest

Wie ihr euch sicher schon denken könnt lese ich sehr gerne, am liebsten Krimis und Thriller, aber auch niveauvolle Romane, Kinder- und Jugendbücher. Meine Lieblingsbuchhandlungen sind unsere kleine Buchhandlung am Ort und zum ordentlichen Stöbern Thalia in der Nachbarstadt. Online stöbere ich am liebsten bei lovelybooks und auch bei Amazon nach Büchern...
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