Nach dem Wahnsinnsende des ersten Teils „AURA – Die Gabe“ und einem höchstdramatischen Cliffhanger muss Hannah nun untertauchen. Sie hat mit ihrer Gabe Jan getötet. Hannah ist noch dabei, die Verwicklungen, Geschehnisse und Hintergründe zu sortieren und zu verstehen, als schon die nächste Überraschung über sie hereinbricht. Um von der Bildfläche zu verschwinden und nicht mit dem Mord in Verbindung gebracht zu werden, soll sich die Formerin verstecken – ausgerechnet an dem Ort, an dem sie ihre Fähigkeit am schwierigsten verbergen kann. Aber wenn ihr das gelingt, ist sie so sicher wie sonst nirgendwo. Also begibt sie sich in die Höhle des Löwen, sprich: Die Akademie zur Ausbildung künstlicher Former. Ihr Leben dort gleicht einem Ritt auf der Rasierklinge. Viele mögen sie nicht, die Lehrer sind ein Graus, der Unterricht undurchschaubar und somit noch gefährlicher für Hannah, Denn so ist es noch schwieriger, ihre Gabe vor allen anderen zu verbergen.
Hatte mich der Auftaktband schon mit seinen Wenden, Irrungen und Überraschungen immer wieder aufs Neue gefesselt und gebannt, setzt die Autorin nun bei der Fortsetzung noch einen drauf. Die Spannung, das Grauen, die Gefahren, sie waren fast greifbar. So oft hätte ich mich gerne ins Buch hineingelesen oder Hannah herausgezerrt, um ihr Tipps zu geben, sie zu warnen und ihr zu helfen, aber das ging ja nicht. So zitterte ich mit ihr und litt. Ebenso beim Verbergen ihrer natürlichen Gabe wie beim Schließen von Freundschaften und dem zarten Pflänzchen der Liebe, das sich ganz zaghaft zeigte.
Die Charaktere sind wieder toll gelungen. Hannah bleibt sich treu, entwickelt sich aber auch glaubhaft weiter – kein Wunder, wer würde unter diesen Bedingungen nicht reifen? Aber auch die anderen Figuren sind sehr gut kreiert. Die Lehrer schaffen es ins gefühlte Gruselkabinett, sie sind unberechenbar und teilweise ganz schön grausam. Kein Wunder, dass nicht jeder Schüler mit diesem Druck klarkommt. Die Gruppe der Lernenden ist durchmischt, meine Sympathien galten nicht allen, so wie im Leben halt. Die Botschaft, die ich aus den Zeilen las, gefiel mir sehr. Wirklich spannend und in eine geniale und gut ausgearbeitete Grundidee bettet die Autorin die Themen Freundschaft, Umgang mit den eigenen Fähigkeiten, Mut, Selbstvertrauen und Zusammenhalt.
Die Kulisse ist eine ganz andere als im Auftaktband. Hier erlebten wir Hannah in ihrem ursprünglichen Wirkungskreis der Familie, Schule und ihrem Freundeskreis. Nun bewegen wir uns mal von den ersten Seiten abgesehen durchweg in der Akademie mit einem komplett neuen Setting und einer komplett neuen Besetzung, sieht man einmal von Hannah ab. Was aber den ersten und zweiten Teil eint sind die überragenden Enden. Denn bei „AURA -Der Verrat“ übertrifft Clara Benedict sich selbst und ich verleihe ihr den Ritterschlag für genial-fiese Cliffhanger, die eine tolle Geschichte krönen und die ungeduldige Vorfreude auf das Finale bei mir ins Unermessliche steigern – und das, obwohl ich längst aus dem Zielgruppenalter hinaus bin.
Inhalt
Hannah muss untertauchen. Ausgerechnet an der Akademie, die von ihrem Widersacher selbst ins Leben gerufen wurde. Dort darf sie um keinen Preis auffallen, und das ist umso schwieriger, weil sie um ein Vielfaches mächtiger ist als ihre Mitschüler! Wird es ihr gelingen, sich selbst und ihre Gabe unter Kontrolle zu halten? Plötzlich ist da auch noch Raphael, der ihre Konzentration enorm stört und ihr Gefühlsleben in heftiges Chaos stürzt. Was verbirgt sich hinter seiner undurchschaubaren Fassade?
Autorin
Clara Benedict, Jahrgang 1981, ist Deutsch- und Musiklehrerin und Sängerin in einer Rockband. Sie lebt mit einem Mann, zwei Katern, drei Kindern und zwölf Musikinstrumenten an der Weinstraße und hat ständig zu viele Pläne und zu wenig Zeit. Wenn sie nicht als Revuegirl oder Nashorn auf der Bühne steht oder sich für irgendein anderes verrücktes Projekt ködern lässt, spielt sie Videogames, geht geocachen und gibt unfassbare Summen für Bücher und Chucks aus. clara-benedict.com
Quelle: Thienemann Esslinger Verlag