*+* Franz Hohler: „Das Päckchen“ (Hörbuch) *+*

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Ernst Stricker, Züricher Bibliothekar, und von Hause aus eher biederer und konservativer Natur, ist zur rechten Zeit am rechten Ort, um von jetzt auf gleich in das größte Abenteuer seines Lebens zu geraten.

Durch eine Verwechslung entsteht der Kontakt zu einer alten, verängstigten Dame, die ihm ein brisantes Päckchen aushändigt. Dessen Inhalt identifiziert er als Fachmann später als das „Abrogans“ – das lange Zeit verschollen geglaubte Original eines lateinisch-althochdeutschen Wörterbuches.
Jedoch, wie kam es zu der Frau? Warum hat sie es ihm zwischen Tür und Angel anvertraut? Ernst beginnt, der Sache auf den Grund zu gehen und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es besser für den Mann wäre, dieses Buch nicht zu besitzen. Ernsts Neugierde ist jedoch größer als die verspürte Gefahr und so handelt er im Geheimen und auf eigene Faust, riskiert gar einen ehelichen Zwist mit seiner Frau.

Gespannt verfolgte ich sehr interessiert die weiteren Vorkommnisse. Hoffte, dass Ernst heil aus der Sache herauskäme, alles ein gutes Ende für ihn nähme und natürlich war ich zudem äußerst gespannt zu erfahren, was es mit dem Buch auf sich hatte.

In einem zweiten Erzählstrang erfährt der Hörer die Geschichte von „Abrogans“, wann, wo, wie und vor allem durch wen dieses wertvolle Buch entstanden war. Fasziniert ließ ich mich auf diesen Ausflug in das frühe Mittelalter ein, lernt das damalige harte, entbehrungsreiche Klosterleben mit seinen oft unmenschlichen und brachialen Regeln kennen, ließ mich aber genauso sehr von der Kunst der Buchschrift fesseln und begeistern – was nicht zuletzt an der Leitfigur dieses Erzählstrangs lag.

Die Charaktere sind auf beiden Zeitebenen gut gelungen und es entstand durch die lebendige, mehrdimensionale Ausarbeitung während der Lektüre schnell eine große Nähe vor allem zu den jeweiligen Hauptprotagonisten, aber auch zu einigen der Nebenfiguren.

Mir gefiel diese stimmig konstruierte Geschichte gut, die in erster Linie durch das Wechselspiel der Zeitebenen, aber auch durch die parallele Thematisierung des ominösen Buches „Abrogans“ nährt. Diese schaukelt sich immer mehr auf, bis sie sich zum Schluss der Geschichte in eine interessante und überraschende Auflösung fügt.

Der Stil des Romans ist wunderbar unaufgeregt, verstaubt und teilweise altmodisch angehaucht, so wie es zum Hauptgegenstand, dem alten Buch, sehr gut passt. Der leichte Erzählfluss überzeugt zudem mit seinem gut gewählten Maß an Ausführlichkeit – es gibt weder Längen noch empfundene Wissenslücken. Die Charaktere überzeugten mich in ihren Eigenschaften sowie ihrer Ausarbeitung und das Sahnehäubchen war natürlich das Thema selbst: Ein Buch über ein anderes Buch!

Der Sprecher Gert Heidenreich hat den Roman überzeugend interpretiert. Er fängt das Wesen der Protagonisten sowie die Stimmungen gut ein und setzt sie empathisch um. Seine ruhige, besonnene Vortragsweise passt gut zum ruhigen Erzählton des Autors und hat mir ebenfalls gut gefallen.

Inhalt
Als er gerade dienstlich in Bern ist, erreicht den Zürcher Bibliothekar Ernst ein offensichtlich irregeleiteter Anruf. Am anderen Ende der Leitung ist eine ihm unbekannte Frau, die ihn anfleht, umgehend zu ihr zu kommen. Aus einer Augenblickslaune heraus begibt sich Ernst zu der nahe gelegenen Adresse. Dort erwartet ihn eine alte Frau und drückt ihm ein Päckchen in die Hand mit der Bitte, es zu verwahren, damit es nicht in falsche Hände gerate. Zu seiner eigenen Verblüffung kommt Ernst der Bitte nach. Als er das Päckchen bei sich zu Hause öffnet, entdeckt er eine alte Handschrift, die er als ein Exemplar des „Abrogans“ erkennt, eines lateinisch-althochdeutschen Wörterbuchs, das als ältestes deutschsprachiges Buch überhaupt gilt. Sollte es sogar das bisher verschollene Original sein? Was, fragt sich Ernst, hat es mit diesem Fund auf sich? Und was soll er jetzt am besten tun …
Der Roman ist im Luchterland Verlag erschienen.

Autor
Franz Hohler wurde 1943 in Biel, Schweiz, geboren. Er lebt heute in Zürich und gilt als einer der bedeutendsten Erzähler seines Landes. Hohler ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem Alice-Salomon-Preis und dem Johann-Peter-Hebel-Preis. Sein Werk erscheint seit über vierzig Jahren im Luchterhand Verlag.

Sprecher
Gert Heidenreich, geboren 1944, ist freier Schriftsteller und Sprecher. Sein Werk umfasst Romane, Theaterstücke, Essays und Lyrikbände sowie Übersetzungen englischer und amerikanischer Dramen. Er wurde mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter zwei Adolf Grimme-Preise und der Deutsche Hörbuchpreis.
Quelle: RandomHouse Audio

 

 

Über irveliest

Wie ihr euch sicher schon denken könnt lese ich sehr gerne, am liebsten Krimis und Thriller, aber auch niveauvolle Romane, Kinder- und Jugendbücher. Meine Lieblingsbuchhandlungen sind unsere kleine Buchhandlung am Ort und zum ordentlichen Stöbern Thalia in der Nachbarstadt. Online stöbere ich am liebsten bei lovelybooks und auch bei Amazon nach Büchern...
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