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In seinem Sachbuchroman erzählt Daniel Kehlmann von zwei deutschen aufstrebenden Naturwissenschaftlern und ihren Laufbahnen. Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt machten sich Ende des 18. Jahrhunderts daran, die Welt zu vermessen. Der eine, der eher misantropisch veranlagte Gauß, bevorzugte – in sich gekehrt – den heimischen Schreibtisch, mit möglichst wenigen Kontakten zur Außenwelt. Der andere, Abenteurer von Humboldt, konnte hingegen nicht genug von der Welt sehen, nahm die Herausforderung seiner Forschungen auf eher praktische Art und Weise an. Zunächst berichtet der Autor abwechselnd von den beiden verschroben dargestellten Wissenschaftlern, denen es nicht an Ecken, Kanten und Sonderbarkeiten im Charakter zu mangeln scheint. Später, nach der Bekanntschaft der beiden Männer miteinander, fließen die beiden Stränge zu einem zusammen.
„Ein Mann allein am Schreibtisch.
Ein Blatt Papier vor sich.
Allenfalls noch ein Fernrohr vor dem Fenster.
Wenn dieser Mann nicht aufgebe, bevor er verstehe,
das sei vielleicht Wissenschaft.“
Auf Grundlage der Biographien von Gauß und Humboldt erschafft Daniel Kehlmann einen fiktiven Roman. Viele Meilensteine im privaten, aber vor allem im wissenschaftlichen Bereich fließen in das Buch mit ein. Jedoch werden sie oft – ebenso wie die Protagonisten selbst – etwas überzeichnet dargestellt, sodass der Roman an einigen Stellen leicht selbstironosch wirkt. Dieser Effekt wird durch die Sprache zusätzlich unterstützt. Der Autor schreibt weniger respektvoll, eher lakonisch über die beiden Größen der Forschung. Zudem werden Gespräche nicht in direkter sondern in indirekter Rede wiedergegeben. Der Konjunktiv relativiert ein wenig die Genies, die hinter den bahnbrechenden Erkenntnissen stehen – auch sie sind nebenbei ganz normale Menschen.
„Die Dinge sind, wie sie sind.
Und wenn wir sie erkennen,
sind sie genauso,
wie wenn es andere tun
– oder keiner.“
Wer ein Sachbuch erwarte, der sich rein auf Fakten stützt, muss hier definitiv Abstriche machen. Wer aber gute Unterhaltung mit einem Gutteil Bildung schätzt, kann mit diesem Buch oder Hörbuch – so wie ich es getan habe – kurzweilige Stunden verbringen. Lediglich zum Schluss hin ist der Pepp etwas raus – aber da sind die Herren schließlich nicht mehr die Jüngsten…
Der Sprecher Ulrich Noethen ist gut gewählt. Er bringt die beiden Charaktere und die vielen interessanten Situationen, denen sie ausgesetzt sind, gut herüber und macht aus dem Sachbuch-Roman ein interessantes, kurzweiliges Hörerlebnis. Vor allem die Wiedergabe der Gespräche, die manchmal kleinen Schlagabtäuschen ähnelten, hat er wunderbar intoniert.
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Inhalt
Der eine, Alexander von Humboldt, kämpft sich durch Urwald und Steppe, befährt den Orinoko, kostet Gifte, zählt Kopfläuse, kriecht in Erdlöcher, besteigt Vulkane und begegnet Seeungeheuern und Menschenfressern. Der andere, der Mathematiker und Astronom Carl Friedrich Gauß, der sein Leben nicht ohne Frauen verbringen kann und doch in der Hochzeitsnacht aus dem Bett springt, um eine Formel zu notieren – er beweist auch im heimischen Göttingen, dass der Raum sich krümmt. Alt, berühmt und ein wenig sonderbar geworden, treffen sich die beiden 1828 in Berlin.
Autor
Daniel Kehlmann, 1975 in München geboren, lebt in Berlin. Sein Werk wurde u. a. mit dem WELT-Literaturpreis, dem Per-Olov-Enquist-Preis, dem Kleist-Preis und dem Thomas-Mann-Preis ausgezeichnet. Sein Roman Die Vermessung der Welt wurde zu einem der erfolgreichsten deutschen Romane der Nachkriegszeit und fürs Kino verfilmt. Zuletzt erschien die Erzählung Du hättest gehen sollen.
Sprecher
Ulrich Noethen gehört zu den vielseitigsten und beliebtesten Schauspielern Deutschlands. Sein warmes, dunkles Timbre lässt eine intime und eindrückliche Stimmung entstehen. Für seine Lesung von Friedrich Anis Roman Nackter Mann, der brennt erhielt er den Deutschen Hörbuchpreis 2017.
Quelle: Argon Verlag
Hallo liebe Heike,
an das Buch habe ich mich nie herangewagt. Auch jetzt bin ich unschlüssig, ob es was für mich wäre… Aber auch in der Buchwelt muss man Mut zur Lücke haben, nicht wahr! hihi
GlG vom monerl
Huhu Monerl,
na klar, wie soll man es auch schaffen, alles zu kennen…frag mich bloß nicht nach meinen buchigen Bildungslücken *ggg*
Viele Grüße, Heike