Seit Denis´ Tod ist in der Brown Street nichts mehr wie es war.
Tuesday vermisst ihren Vater ganz schmerzlich und auch Serendipity weiß ohne ihren Mann nicht recht, wie ihr Leben funktionieren soll. Die beiden quälen sich durch den Tag, Woche für Woche, und scheinen wie gelähmt. Auch die Schreibmaschinen haben seit dem denkwürdigen Tag nicht mehr geklappert. Aber was sollen Mutter und Tochter in ihrer Autorenwelt, wenn sie schon keine Ideen haben, den Alltag zufriedenstellend zu meistern?
Dabei braucht Vivienne Small ihre beiden Geschichtenschreiberinnen mehr als dringend. Seitdem Denis tot ist und die Kreativität und Phantasie von Tuesday und ihrer Mutter wie abgeschnitten scheinen, rutscht die Welt der kleinen Fee in eine Eiszeit. Es wird von Tag zu Tag kälter, selbst im Sommer herrscht Winter. Zudem quält und bedrängt Loddon die kleine Fee, ein übler Geselle, der überraschenderweise ein Eigenleben entwickelt hat.
Wie gut, dass es Colette Baden-Baden gibt – ihres Zeichens Schwester der Witwe und Tuesdays Patentante. Die Verwandtschaft lässt sich nur schwerlich verleugnen, ist die Dame doch auf ebenso liebenswerte Weise etwas verrückt und überkreativ wie Serendipity und Tuesday. Sie ahnt, dass die beiden sie brauchen, besucht sie kurzerhand, holt sie aus ihrem grauen Leben heraus und zeigt, dass es hinter der Fassade der Trauer immer noch die bunten Farben des Glücks, der Leidenschaft und der Lebensfreude gibt. Derart zurechtgerückt dauert es nicht lange, bis Serendipity es wagt, dem Ruf ihrer Geschichtenwelt zu folgen und dort vorsichtige neue Schritte zu gehen. Schließlich wähnt sie Tuesday in Sicherheit bei ihrer Tante – aber auch Tuesday findet sich schneller in ihrer parallelen Geschichtenwelt wieder als ihr lieb ist. Dahinter steckt… Loddon…. und gemeinsam mit Vivienne nimmt sie den Kampf gegen diesen furchtbaren Fiesling auf.
Angelica Banks – hinter diesem Synonym stehen die beiden Autorinnen Heather Rose und Danielle Wood – versetzt sich sehr gut in die beiden Trauernden, aber auch in die Tante, die zur rechten Zeit am rechten Ort erscheint. Sie handelt immer wieder instinktiv richtig, ohne dass es konstruiert oder unglaubwürdig wirkt.
Die Charaktere sind – hüben wie drüben – wie auch schon in „Tuesday und der Zauber des Anfangs“ und „Tuesday und der Ruf des Silberfadens“ – wunderbar gezeichnet. Die Guten und die Bösen, alle weisen eine gewisse Tiefe auf. Sie betreten zwar als neue Figuren diese Buchwelt, haben aber auch eigene Geschichten, die ihnen Wurzeln bescheren und sie authentisch und überzeugend erscheinen lassen.
Lebhaft wird erzählt, wie Serendipity und Tuesday sich nach langer Zeit wieder in ihren Geschichtenwelten einfinden müssen, was eine zauberhafte Verwebung dieses magischen Erzählkosmos mit der Realität nach sich zieht. Tante Colette wirkt ebenfalls daran mit, der Trauer einen angemessenen Platz im Leben der beiden zuzuweisen. Man darf sie weder unterdrücken noch sich ihr unterwerfen. Die Kunst besteht darin, mit ihr zu leben und nicht daran zu verzweifeln, dass der geliebte Mensch nicht mehr am Leben teilhaben kann. Erinnerungen können kraftvoll und beglückend sein, aber auch die Macht und Stärke der Phantasie sollte man niemals unterschätzen, ebensowenig die oft heilsame Wirkung der Bücherwelt. Aber ohne Menschen, die bedingungslos zu einem stehen, die einen lieben, schützen und stärken, fehlt etwas. Wie gut, dass hier aus heiterem Himmel Tante Colette in das Leben von Tuesday und Serendipity gefallen ist.
Feinfühlig und dennoch kraftvoll, warmherzig und berührend setzt Angelica Banks das Thema Trauer um – sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Traurig, aber zunehmend hoffnungsvoll und positiv begegnet sie dem grauen Nebel, der Tuesday und ihre Mutter ummantelt hat.
„Tuesday und das Jahr ohne Sommer“ ist ein großartiger, lesenswerter Abschluss der Tuesday-Trilogie, die für mich nach wie vor eine Empfehlung im Kinder- und Jugendbuchbereich ist.
Weitere Rezensionen findet ihr bei
„Fairy Book“
„Manus Tintenklecksen“
Das Buch klingt gut und ihr möchtet es gerne lesen?
Kaufen kannst du es bei deinem Buchhändler vor Ort oder online z.B. bei Genialokal, der Vereinigung inhabergeführter Buchhandlungen.
Inhalt
In der Brown Street schweigen nach einem schrecklichen Unglück die Schreibmaschinen. Und in der Welt von Vivienne Small herrscht ewiger Winter. Dann wird sie auch noch von einem Fiesling namens Loddon gefangen, um so Tuesday anzulocken. Loddon behauptet, Tuesday sei seine Autorin. Wie kann das sein, wo sie ihn noch nie gesehen hat? Und wie bloß sollen Vivienne und sie Loddon besiegen?
Übersetzt von Anke Knefel
Autorin
Hinter dem Namen Angelica Banks verbergen sich zwei renommierte australische Autorinnen: Heather Rose und Danielle Wood. Sie sind seit Jahren befreundet und haben mit Tuesday und der Zauber des Anfangs ihr erstes gemeinsames Buch geschrieben. Es wird nicht das letzte sein – denn wann sonst darf man ohne schlechtes Gewissen so viel Schokopudding mit Erdbeeren essen?
Quelle: Magellan – Der Verlag mit dem Wal