Liebe Patricia,
du bloggst unter dem Namen „Meerschreibfrau“ – und dieser Name ist Programm.
Nach deiner wunderschönen Ostseetrilogie („Das Meer in deinem Namen“, „Der Horizont in deinen Augen“, „Das Licht in deiner Stimme“) ist im vergangenen Monat der erste Band deiner Nordsee-Trilogie „Wenn die Wellen leuchten“ erschienen. Woher kommt deine Faszination für das Meer?
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Da geht es mir nicht anders als sehr vielen anderen Menschen. Die Meere machen schließlich einen größeren Teil der Oberfläche des Planeten aus als das Land. Da liegt es nahe, sich damit zu beschäftigen.
Am Strand hat man außerdem Platz zum Denken, entspannt sich, die Luft ist sauber und der Wind pustet einen durch, man hat das Gefühl, er reinigt die Seele. Die Wellen tragen und kühlen und wecken einen und man bekommt aus dem uralten Rhythmus der Brandung wieder Kraft für die Zukunft. Man erzählt mir, ich wäre schon zielstrebig ins Meer gekrabbelt, bevor ich laufen konnte. Ich glaube, etwas in mir spürt, dass alles Leben dort entstanden ist, somit auch unsere Vorfahren. Das ist eine Verbindung, die einfach da ist. Inzwischen war ich aber so oft dort, dass ich mich im Kopf mühelos dorthin versetzen kann und gar nicht mehr wirklich hin muss um die Wirkung zu spüren.
Kannst du dir vorstellen, auch andere Meere als Hauptschauplatz deiner zukünftigen Romane zu wählen?
In „Das Licht in deiner Stimme“ spielt ja Florida eine Rolle und damit der Golf von Mexiko. Band zwei der Nordsee Trilogie, „Wo die Dünen schimmern“, beginnt in Kalifornien, also mit dem Pazifik, und außerdem geht es zwischendurch in die Karibik und ans Eismeer. Es wird aber auch Bücher geben, die nicht am Meer spielen.
Du wurdest in den USA geboren, bist kurz darauf nach Deutschland gekommen und hier geblieben. Hat es dich auch mal für längere Zeit nach Amerika gezogen?
Meine Eltern haben mich oft auf Reisen dorthin mitgenommen. Und nach dem Abitur war ich ein Vierteljahr in Kalifornien, um meine Schwester neu kennenzulernen und herauszufinden, was ich mit dem Rest meines Lebens anfangen will. Ich habe viel von Amerika gesehen und bin in die grandiosen Landschaften eingetaucht. Sie bleiben mir unvergesslich. Und doch habe ich festgestellt, dass ich alles eine Nummer kleiner lieber habe und eindeutig in Deutschland zu Hause bin.
Wenn du frei entscheiden dürftest, wo du lebst – ohne auf Einschränkungen jedweder Art Rücksicht nehmen zu müssen – ,wo wäre das? In meinen geheimsten Träumen würde ich gerne an der Ostsee, oder noch lieber auf einer Nordsee-Insel leben! Aber man ist einfach zu sehr in seinem Leben mit allen Bindungen und Einschränkungen verhaftet, als dass solche Träume allzu häufig wahr werden könnten …
Auf Amrum. Oder wahlweise auf einem einsamen kleinen alten Hof in der Mark Brandenburg oder in Schleswig-Holstein. Trotzdem bin ich glücklich, wo ich bin.
Was oder wer hat dich zu deinen beiden Meeres-Trilogien inspiriert? Gibt es reale Menschen, an denen du deine Figuren anlehnst, oder Begebenheiten, die du in die Handlung einfließen lässt?
In einigen wenigen Figuren stecken reale Vorbilder. Die meisten sind jedoch frei erfunden. Ebenso die Begebenheiten. Natürlich fließen immer mal eigene Erfahrungen ein, z.B. wenn es um Dinge geht wie Töpfern.
Gehören die Schauplätze deiner Romane zu deinen Lieblingsorten, oder wie bist du auf Ahrenshoop und Amrum gekommen? Ahrenshoop kenne ich (noch) nicht, aber auf Amrum war ich als Kind oft und ich fand es ganz wunderbar, durch deinen aktuellen Roman mal wieder dorthin zu gelangen :-)
In Ahrenshoop waren wir oft, weil mein Mann dort wiederholt in der Kurklinik war. Ich bin nicht die Erste, die von diesem speziellen Ort inspiriert wurde, bekanntlich ist es ja wirklich ein Künstlerdorf, nicht nur in meinem Roman.
Auf Amrum dagegen habe ich als Kind und Jugendliche glückliche Ferien verbracht und habe dort auch später noch als Studentin gezeltet. Das ist auf jeden Fall ein Lieblingsort.
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Deine Bücher („Alles voller Himmel“, „Die Füße der Sterne“ u.a.) wurden ursprünglich von einem kleineren Verlag, dem Dr. Ronald-Henss-Verlag, verlegt. Vor deiner Arbeit an „Das Licht in deiner Stimme“ und dem Folgeband bist du zum Fischer-Verlag gewechselt. Wie kam es dazu?
Nachdem „Das Meer in deinem Namen“ als E-Book so ein großer Erfolg war, hat mich der Dr. Ronald Henss Verlag von sich aus dankenswerterweise an Fischer weitervermittelt, damit meine Bücher auch als Printausgabe einen größeren Leserkreis finden können. Für mich war es eine große Überraschung. Ich musste auf einmal nur noch unterschreiben! Damit ging ein Traum in Erfüllung, den ich schon längst aufgegeben hatte. Als Kind habe ich mir nämlich einmal vorgenommen, später für einen großen Verlag zu schreiben, am liebsten für den mit den drei Fischen im Logo.
Macht es für dich beim Schreiben einen Unterschied, ob du für einen kleinen oder einen großen Verlag schreibst?
Wenn ich mitten im kreativen Vorgang bin, macht es keinen Unterschied. Ansonsten ist es durchaus ein großer Unterschied. Es hat wie alles Vor- und Nachteile.
Der Vorteil der Zusammenarbeit mit einem großen Verlag ist der, dass meine Bücher auch in die Buchhandlungen kommen und so sehr viel mehr Leser erreichen können. Bücher eines kleinen Verlages haben kaum eine Chance in einer Buchhandlung zu landen.
Der zweite große Vorteil ist, dass ein Buch zu einem viel günstigeren Preis produziert werden kann, der dem Leser zugutekommt.
Der Nachteil ist, dass es in einem großen Verlag so lange vom Fertigstellen bis zur Veröffentlichung dauert, meist fast ein Jahr, während es im Kleinverlag eine Sache von wenigen Wochen war. Mir fehlt das direkte Feedback der Leser. Band 2 einer Trilogie muss also praktisch schon fertiggeschrieben sein, ehe Band 1 überhaupt auf dem Markt ist. Beim Schreiben weiß ich also nicht, wie Band 1 beim Leser angekommen ist. Das fühlt sich an, wie blind in einem dunklen Zimmer zu schreiben. Außerdem ist mir die Geschichte, wenn sie dann erhältlich ist, schon fast fremd geworden, weil ich längst mitten in einer anderen bin.
Außerdem arbeiten viel mehr Leute mit an dem Buch, Coverdesigner, Marketing usw. Das fertige Buch ist ein Teamprodukt, ich habe weniger Freiheiten und ich habe auf manche Dinge wie zum Beispiel das Cover wenig Einfluss. Mit anderen Worten, der Autor muss Kompromisse machen. Doch wenn ich dann Leserbriefe erhalte und erfahre, wie viel Freude die Geschichte geschenkt hat, dann weiß ich, dass es sich alles gelohnt hat.
Bisher kenne ich nur Romane von dir. Planst du, auch mal in einem anderen Genre zu schreiben? Du steckst so voller Kreativität und ich könnte mir durchaus vorstellen, dass du einen raffiniert ausgeklügelten, sympathischen Krimi konstruierst ;-)
So etwas kann man nicht planen. So etwas passiert. Aber ich kann ausschließen, dass ich jemals einen Krimi, einen Thriller oder eine Dystopie schreiben werde. Das liegt mir nicht und ich würde mich nicht wohl dabei fühlen. Es gibt genug wunderbare Autoren, die so etwas besser können.
Früher habe ich gern Kurzgeschichten geschrieben. Im Herbst erscheint eine Sammlung meiner besten Weihnachtsgeschichten bei Fischer unter dem Titel „Engel vor dem Fenster“. Als E-Book ist es schon erhältlich.
Woran arbeitest du aktuell?
An Band zwei und drei der Nordsee Trilogie und an einer Weihnachtsgeschichte, die 2018 erscheinen wird. Darin begegnen wir ebenfalls Figuren aus der Nordsee-Trilogie. Es gibt aber noch das ein oder andere Projekt für das ich mir auch schon Notizen mache.
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Wie viel Zeit investierst du in deine Bücher?
Das ist schwer zu sagen. Ab dem Zeitpunkt an dem ich anfange zu schreiben dauert so ein Roman 7-8 Monate. Dann habe ich mir aber schon lange vorher Gedanken und Notizen gemacht und recherchiert. Tagsüber mache ich mir ständig Notizen und auch manchmal bei Nacht.
Schreibst du lieber Einzelbände oder Trilogien? Was macht da für dich als Autorin den Unterschied aus?
Ich mag beides. Der Unterschied ist nur, dass manche Geschichten nicht in ein einziges Buch hineinpassen. Doch ich glaube, ich werde vorerst keine Trilogie mehr schreiben. Wie oben erwähnt, ist mir das Tempo der Veröffentlichung dafür zu schwerfällig. Das macht weder mir noch den Lesern wirklich Freude, wenn man so lange auf die Fortsetzung oder eine Leserrückmeldung warten muss. Auch sind die Ideen, die ich im Kopf habe, augenblicklich eher für Einzelbände geeignet.
Eine „buchige Schwangerschaft“ – von der Idee bis zur Auslage in den Buchhandlungen – kostet vermutlich ganz schön viel Kraft. Wie kannst du anschließend am besten entspannen und deine Akkus auffüllen?
Kraft kostet eigentlich nur das Schreiben an sich, weil es sehr emotional ist und ich mich mit sämtlicher Energie in die Szene, die ich beschreibe hineinversetze. Hinterher bin ich immer fix und fertig. Am liebsten mache ich dann Gartenarbeit oder gehe mit meiner Kamera auf die Wiese. Dafür ist allerdings selten Zeit.
In unserem ersten Interview hast du mir verraten, dass du „viele Ideen im Kopf, hast, unter anderem eine dreifache Liebesgeschichte mit ungewöhnlichem Ausgang“. Das klingt für mich als Leser nach wie vor sehr interessant und reizvoll! Hast du diese Idee schon weiter verfolgen können, oder muss sie noch ein bisschen warten?
Diese Idee ist noch da, aber sie muss noch ziemlich lange warten, weil anderes sich in den Vordergrund gedrängt hat. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass ich sie eines Tages umsetzen werde.
Als ich dich damals fragte, welche literarischen Zukunftspläne du hast, lautete deine Antwort: „Immer besser schreiben, mehr Leser erreichen und sie gut unterhalten.“ Würdest du das so stehen lassen, oder heute anders antworten? Immerhin hat sich mit dem Verlagswechsel und dem Erfolg deiner Romane – in der Woche nach der Veröffentlichung stand „Wenn die Wellen leuchten“ bereits auf Platz 12 der Spiegel-Bestsellerliste – einiges zum Positiven verändert, was mich sehr freut!
Ja, ich denke das wird immer gelten. Mit der kleinen Einschränkung dass „mehr Leser“ ein wenig so klingt, als käme es mir auf die Masse an. Viel wichtiger ist natürlich, dass die Geschichten den einzelnen Leser auch berühren und ihm etwas geben können.
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Ebenfalls freue ich mich sehr, dass ich die Patentante eben dieses Romans sein darf! Es war für mich eine ganz tolle Sache, die Entwicklung eines Buches miterleben und meine Meinung kundtun zu dürfen. Wie wichtig sind solche Zwischenmeldungen (nicht nur von mir, sondern überhaupt) für dich während des Schreibprozesses?
Sie sind sehr wichtig, denn ich verrenne oder verzettele mich auch mal. Ich bin sehr dankbar, dass ich so aufmerksame und hilfreiche Lektoren habe, dass mein Mann auch ein sehr kritischer Leser ist, mir ständig Mut macht, und dass jemand wie du mir auch ein ehrliches Feedback gibt, mich auf die eine oder andere Schwäche aufmerksam macht oder eine gute Idee hat. Dafür noch einmal ein dickes Dankeschön!
Ich bin eine der vielen begeisterten Leser deiner Bücher. Leider finden sich auch immer mal wieder kritische Stimmen. Wie gehst du damit um?
„Leider“ würde ich nicht sagen. Es gibt verschiedene Arten der Kritik. Es gibt zum Beispiel die „falsches-Buch-Kritik“, wo sich jemand kritisch äußert, weil er in einem Buch viel mehr Action, Spannung und Leichen erwartet. Da ist ihm einfach ein Buch in die Hände geraten, das nicht zu ihm passt. Das kann ich verstehen. Kein Autor schreibt ein Buch, das für alle Leser geeignet ist. Eine solche Kritik berührt mich nicht weiter.
Dann gibt es die „Dumme Kritik“ nach dem Motto „Ich habe das Buch nicht gelesen, aber meine Cousine fand es doof, daher gebe ich nur einen Stern.“ Das hat mich früher geärgert, berührt mich aber auch schon längst nicht mehr. Das gleiche gilt für die „Neid-Kritik“, bei der man deutlich merkt, dass sie nur geschrieben wurde, weil jemand einen persönlichen oder unpersönlichen Groll gegen mich oder meine Art der Unterhaltungsliteratur hegt und das Buch meist gar nicht gelesen hat.
Was aber sehr wichtig und hilfreich ist und mich freut, ist die konstruktive Kritik, in der es zum Beispiel heißt: „Ich fand die Mitte des Buches zu langatmig“ oder „Am Ende passierte zu viel auf einmal“ oder „Der Dialog zwischen A und B in Kapitel C erschien mir unnatürlich“ oder „In Kapitel X waren mir zu viele Personen“. So etwas hilft mir weiter. Mein Dank geht an die Leser, die sich diese Mühe machen.
Wie wichtig ist dir Feedback überhaupt? Rezensionen, Statements in den Social Media, Reaktionen per Email, etc. Es ist sicher schön, viele Leserstimmen kennenzulernen, aber vermutlich auch zeitintensiv, sich darum zu kümmern, oder?
So viele Leser, dass es zu zeitintensiv wird, machen sich diese Mühe nicht. Ich freue mich über jede einzelne Rückmeldung. Ich möchte ja erfahren, wie die Geschichte ankommt, und ob sich die viele Arbeit lohnt. Rezensionen sind außerdem sehr sehr wichtig für einen Autor, denn ein Buch ohne Rezensionen kauft fast keiner.
Jetzt habe ich noch eine kleine brainstormige Aufgabe für dich.
Mein Begriff meets deine spontanen Gedanken dazu – natürlich nur, wenn du magst 🙂
Glück – liegt in den kleinen Dingen um einen herum und im ganz normalen Alltag
Traum – ist wesentlich weniger spannend als die Realität
Nordsee – macht ganz besonders lebendig
Amerika – ist schön, aber ich muss nicht mehr hin.
Universum – ist unvorstellbar wundersam und macht uns bewusst, wie klein und unwichtig wir sind.
Gott – findet man, wenn man das möchte, in den Wundern, die die Wissenschaft entdeckt und erklärt.
Kraft – kann man nur in sich selbst finden
Spiritualität – ist für mich ein Kunstwort mit wenig Bedeutung
Phantasie – macht den Menschen besonders
Reichtum – liegt schon in einem Gänseblümchen
Natur – ist wesentlich besser als Stadt
Zufall oder Bestimmung? – Ich bestimme, welcher Zufall mein Leben nachhaltig beeinflusst
Einsamkeit – muss nicht sein, mag ich aber
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – sind ein wunderbarer Dreiklang
Erfolg – ist für mich, abends zufrieden mit dem Tag zu sein
Social Media – ermöglicht es mir, viele nette Menschen kennenzulernen und jeden Tag interessante Fakten zu erfahren, die mir sonst nicht begegnet wären
Blogger – sind hochinteressant. Hätte ich noch Zeit dazu, würde ich auch gern wieder bloggen.
Vorbilder – braucht man mit zunehmendem Alter nicht mehr.
Lebensziele –Immer die Gegenwart würdigen und sich über Irrelevantes nicht mehr ärgern
Lebensmotto – Unverschämt neugierig bleiben
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Liebe Patricia, ich danke dir sehr, dass du erneut für ein Interview auf meinem Blog zur Verfügung gestanden hast!
Für die Zukunft wünsche ich dir alles erdenklich Gute.
Danke, liebe Irve-Heike, und herzlichen Dank für die Mühe, die du dir mit den Fragen gemacht hast.
(Das Copyright für alle verwendeten Fotos liegt bei Patricia Koelle.)
Sehr schönes Interview. Ich habe ihre Triologie förmlich verschlungen, es hat viel Spaß gemacht sie zu lesen.
lg
Danke für das interessante Interview. Die Ostsee-Trilogie habe ich schon gelesen und dank deinem.Hinweis habe ich gerade gestern mit “Wenn die Wellen leuchten“ begonnen.
Liebe Heike,
ein sehr schönes Interview. Ich kenne die Bücher der Autorin bisher noch nicht, doch ich bin nun sehr neugierig geworden. :)
Liebe Grüße
Nicole
Liebe Nicole,
die Bücher sind alle sehr schön, egal ob Einzeltitel oder Trilogie :-)
Liebe Grüße, Heike