Mit ihrem Erstling ist Ruth Hogan ein großartiger Roman gelungen, der mich schon mit den ersten Sätzen begeisterte und fesselte.
Dieses ist an sich noch nicht so besonders, aber diese Faszination stetig bis zum Schluss anwachsen zu lassen, ebenso meine Verbundenheit mit den Charakteren, schon. Sehr selten lese ich ein Buch, das mich ohne den kleinsten Abstrich für sich gewinnen kann, das mich auf derart liebens- und lesenswerte Art und Weise unterhält, sich in mein Innerstes gräbt, die Charaktere im Herzen bewahren lässt, obwohl sie rein fiktiv sind. Noch seltener lese ich Bücher ein zweites Mal, bin mir bei „Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge“ jedoch sicher, dass dieser Roman eines der Sternstundenbücher ist, denen dieser Ritterschlag zuteil werden wird.
Die Charaktere, die so vollkommen in sich, aber auch so perfekt für den Verlauf der Geschichte ersonnen sind, nahmen mich ebenso für sich ein wie die beiden Erzählstränge – der eine permanent in der Gegenwart spielend, der andere vor Jahrzehnten beginnend und chronologisch heranreifend, sich schließlich zu einem grandiosen Ende, zu einem wahren Feuerwerk, vereinigend.
Mr. Peardew war einst der glücklichste Mensch der Welt. Er liebte Therese mehr als sein eigenes Leben und verlor sie in der Blüte des Lebens. Auch ein Andenken, ein Geschenk, das sie ihm einmal gemacht hatte, ging verloren. Wie betrübt er darüber war, konnte ich gut nachvollziehen. Er behielt seine Frau im Herzen, blieb alleine und anstelle sich eine neue Partnerin zu suchen, machte er sich zur Lebensaufgabe, ein würdiger Hüter der verlorenen Dinge zu sein, die er auf der Suche nach Tereses verlorenem Medaillon fand. Er archiviert, er verwahrt. Er ersinnt gar Geschichten zu jedem einzelnen Fundstück, die die Autorin mit ihren Lesern teilt.
So mutet dieser Roman als wahres Füllhorn großer und kleiner Erzählungen an.
Mr. Peardew kommt langsam aber sicher in die Jahre und findet in Laura eine Erbin, von der er sicher ist, dass sie die Sammlung in seinem Sinn weiterführen und verwalten wird. Laura, die ihm seit einiger Zeit im Haus zur Hand geht, und dort nach ihrer persönlichen Durststrecke ein wahres Heim gefunden hat. Sie schätzt ihren Arbeitgeber ebenso wie sie Verständnis für seine Lebensaufgabe aufbringt. Überhaupt ist sie sehr patent und trägt das Herz am rechten Fleck. Sie schert sich nicht um Vorurteile, sieht auf die inneren und nicht die äußeren Werte. Als Mr. Peardews stirbt, vermacht er Laura nicht nur sein Haus, sondern auch eine Aufgabe, die seine liebevoll zusammengetragene Sammlung betrifft.
Wie gut, dass die von vielen als sonderbar betrachtete Nachbarin Sunshine sich auf ganz eigentümliche Art in Lauras neues Leben schleicht und wie gut, dass der Gärtner sich ebenfalls sehr gut einbringt. So fühlt sich Laura ihrem Erbe gewachsen und in Windeseile ändert sich ihr Leben auf wunderbare Art, sie ist so glücklich wie noch nie.
Dies alles klingt sehr klischeeverdächtig und dennoch hat die Autorin es geschafft, kein einziges zu bedienen und stattdessen einen erfrischenden, spritzigen Roman wie „literarische Limonade“ aus der Geschichte zu erschaffen.
Ganz zauberhaft schmiegt sich auch die zweite große Geschichte des Romans in diesen ein. Hier lernen wir einen Verleger nebst seiner Assistentin kennen. Ihr Verhältnis zueinander, das von einer beiderseitigen tiefen Liebe geprägt ist, die jedoch nie in einer Beziehung endet, ist ebenso einfühlsam geschildert wie der Umgang mit den grausamen Begleiterscheinungen, die das Alter manchmal leider mit sich bringen kann. Die Dinge sind so, wie sie sind. Das Leben fragt nicht, ob man mit seinen Plänen einverstanden ist. Das einzige, was man tun kann, ist, allen und allem mit Respekt zu begegnen und das Beste aus seinem Schicksal zu machen.
Der warmherzige Erzählstil mit seinen leisen Tönen entfaltet eine tiefe Wirkung. Auch wenn das Leben in seiner ganzen Bandbreite zur Sprache kommt, herrscht ein heiterer, lebensbejahender Grundton.
Das Schicksal wird nicht á la Friede, Freude, Eierkuchen einfach weggewischt sondern findet einen tiefgründigen Eingang in die Geschichte. So traurig und bitter sie auch manchmal eigentlich ist, die Autorin gibt ihr nie einen verzweifelten Ton, sie lässt ihr Credo des positiven Denkens und des nicht Aufgebens wie einen Leitfaden durch den Roman ziehen.
Ein Buch über das Verlieren und ( Wieder)finden, das sich problemlos über die Peardew´sche Sammlung hinaus auch auf das Leben selbst und alles, was es ausmacht, übertragen lässt.
Ein Lesehighlight, mein bisheriges Buch des Jahres!
Es ist zauberhaft, einfach nur zauberhaft!
Weitere Rezensionen findet ihr bei
– Elke auf „Sunsys Blog“
– Kerstins Blog „Seehases Lesewelt“
– „Nicoles Bücherwelt“
Inhalt
Jeder Gegenstand, den Anthony Peardew auf der Straße findet, hat eine Geschichte. Er sammelt und archiviert sie alle in seinem gediegenen viktorianischen Haus und plant, sie eines Tages an ihre ursprünglichen Besitzer zurückzugeben. Denn er selbst sieht sich nur als Hüter der verlorenen Dinge. Vor Jahren hat er selbst etwas verloren, das er seitdem auf seinen Streifzügen sucht: ein Schmuckstück. Es gehörte seiner großen Liebe, und das Medaillon verbindet sie noch immer mit ihm. Anthony muss diese besondere Aufgabe jedoch an seine Erbin Laura weitergeben, ohne ihr von dem großen Geheimnis erzählt zu haben, das seine Sammlung umgibt.
Autorin
Ruth Hogan ist selbst begeisterte Sammlerin von Fundstücken. Sie lebt mit Mann und drei Hunden in einem etwas chaotischen viktorianischen Haus in Bedford, England. Ein schwerer Autounfall und eine Krebserkrankung brachten sie zum Schreiben. Die schlaflosen Nächte hat sie am Schreibtisch verbracht, das Ergebnis ist ihr erster Roman über das Finden von Dingen und Geschichten.
Quelle: Ullstein Buchverlage
Für mich ist es auch ein absolutes Highlight – ein wunderschönes, immer wieder bewegendes Buch. Mein einziger Kritikpunkt: ich hätte mir noch mehr Geschichten zu den einzelnen Fundstücken gewünscht 😊
Ja, das stimmt! Diese kleinen Geschichtchen mittendrin waren immer wieder Highlights! Vielleicht gibt es irgendwann ein Buch zu all den kleinen Geschichten, das wäre toll!
Liebe Lesegrüße….
Deine Rezi hat mich überzeugt.. kommt auf meine Wunschliste
Eine gute Wahl! Solltest du es lesen, wünsche ich dir gute Unterhaltung damit ;-)
Liebe Lesegrüße!
Danke 😊
Ich werde mal nach dem Hörbuch Ausschau halten….oder meinst du, Lesen ist hier die bessere Wahl?
LG, Manu(ElasBookinette)
Hallo liebe Manu,
ich höre ja auch sehr gerne Audios, aber das ist ein Buch, das das Selbstlesen lohnt – finde ich ;-)
Viele liebe Grüße, Heike
Liebe Heike,
erstmal vielen lieben Dank für die Verlinkung! :)
Ich bin da ganz deiner Meinung, das Buch ist wirklich wunderbar. Auch wie sich alles zusammenfügt ist sehr gelungen. Danke für die tolle Rezension!
Liebe Grüße
Nicole
Liebe Heike,
eine zauberhafte Rezension! Bei soviel Überschwang muss ich doch gleich mal nach dem Buch auf die Suche gehen! Wir haben Mitte Juni vorbei und jetzt erst kommt dein Lesehighlight für 2017! Dann muss es wirklich besonders sein. Bin schon sehr gespannt auf die Lektüre!
GlG vom monerl
PS.: Ich finde jetzt ganz toll, dass man deinen Blog auf dem Handy nun auch so toll lesen kann! Die Umstellung zumindest hat prima geklappt! :-)
Liebes Monerl,
vielen Dank! Das Buch ist wirklich ein Highlight. Es ist selten, dass ich nicht die kleinste Kleinigkeit zu bemängeln habe. Dieses Buch scheint Katalysatorwirkung zu haben, denn im Moment habe ich gerade eine Serie, was richtig, richtig gute Bücher angeht :-)
Super, das ist sehr gut! Denn das Surfen per Handy nimmt ja weiterhin zu….
Liebe Lesegrüße, Heike