*+* Carlos Ruiz Zafón: „Das Labyrinth der Lichter (Hörbuch) *+*

Alicia Gris wird zu einem brisanten Auftrag hinzugezogen: Minister Maurizio Valls ist verschwunden.
Die unkonventionelle Ermittlerin hat schon bald eine erste Spur, der sie akribisch nachgeht und dabei – eher unbeabsichtigt – eine Vielzahl an Verbrechen der Nachkriegsjahre ausgräbt.
Die Haupthandlung trägt sich zur bleiernen Zeit des Franco-Regimes zu. So düster und unnachgiebig die historische Kulisse dem Roman einen Rahmen gibt, von einer ebensolchen dunklen, deprimierenden und hoffnungslosen Stimmung wird die gesamte Geschichte getragen. Vor allem die teils detaillierte Beschreibung von Unterdrückung, Gewalt und Folter zeichnen ein abschreckendes Bild in düsteren Grautönen vor des Hörers innerem Auge.

„Die Welt ist schlicht ein Spiegel derer, die sie bilden. Sie ist nicht mehr und nicht weniger als das, was wir gemeinsam mit ihr anstellen.“

Zwischen den Ermittlungarbeiten, Blenden zum Verbleib Valls und vielen weiteren Einspielern springt der Autor zusätzlich unchronologisch hin und her und verwirrte mich damit ein ums andere Mal. Möglich, dass es zum Teil daran liegt, dass ich die vorherigen Bücher der Barcelona Saga nicht kenne. Viel wahrscheinlicher erschien mir allerdings, dass Zafón viele Dinge anfangs bewusst im Unklaren ließ, um ihnen anschließend nach und nach, sehr ausladend und oft auch langatmig den Tarnumhang zu entfernen. Details sind reichlich vorhanden und es empfiehlt sich sehr ein aufmerksames Hören, vor allem wenn man, wie schon erwähnt, die Vorgeschichte nicht kennt. Sprachlich bewegt sich der Roman zwischen poetisch, grob und sprachgewaltig, was vom Inhalt des Erzählten abhängig ist. Es finden sich auf jeden Fall viele wunderbare Zitate, Textpassagen, über die es nachzudenken und sie festzuhalten lohnt.

„Das Labyrinth der Lichter“ mutet ein wenig wie eine literarische Matroschka an. Denn der Abschluss der Saga ist eine Verschachtelung vieler kleiner und einer größeren Geschichte. Die Komplexizität des Gesamtwerkes ist schwer zu erfassen, das Große für mich nicht zu greifen. Dafür konnte ich aber immer wieder gut in kleinere Szenen hineinfinden, die mich durchaus zu fesseln wussten. Nur leider fehlen mir ohne Hintergrundwissen die großen Zusammenhänge und der geheimnisvolle, nebulöse Erzählstil ist einem besseren Verständnis nicht unbedingt zuträglich.

„Eine Legende ist eine Lüge. Dazu erfunden, eine allgemeine Wahrheit zu erklären.“

Die Charaktere sind intensiv gezeichnet. Der Autor gewährt sich nicht nur viel Zeit, sämtliche Handlungspassagen und die Stimmung ausschmückend zu erfassen. Die Figuren nehmen nach und nach immer mehr an Kontur an und auch ihre Beziehungen zueinander werden im Verlauf mehr oder wenig deutlich.

In das Potpourri an Handlungen und Erzählfäden hat Zafón die gut recherchierten geschichtlichen Hintergründe einfließen lassen und man bekommt eine gute Vorstellung des Barcelona zur damaligen Zeit.

Oft lassen sich die einzelnen Teile einer Reihe auch unabhängig voneinander lesen und verstehen. In diesem Fall empfehle ich jedoch die Einhaltung der chronologischen Reihenfolge. Auch so ist dem Roman durch seinen etwas verwirrenden Stil nicht ganz leicht zu folgen. Und es ist sicher hilfreich, ihm mit reichlich Vorwissen zu begegnen.

Auch wenn die Geschichte und ich nicht unbedingt auf einer Wellenlänge schwammen, dem Sprecher Uve Teschner möchte ich ein großes Lob aussprechen. Er hat den Roman großartig eingelesen, die Charaktere individuell und gelungen interpretiert. Auch fand er immer den richtigen Ton für die Stimmung ringsherum und hauchte so der Geschichte Leben ein.

Eine ziemlich begeisterte Besprechung zur Buchausgabe findet ihr bei Nicoles Bücherwelt.

Inhalt
Spanien in den dunklen Tagen des Franco-Regimes: Ein Auftrag der Politischen Polizei führt die eigenwillige Alicia Gris zurück in ihre Heimatstadt Barcelona. Unter größter Geheimhaltung soll sie das plötzliche Verschwinden des Ministers Mauricio Valls aufklären. In seinem Besitz befand sich ein geheimnisvolles Buch aus der Serie Das Labyrinth der Lichter, das Alicia auf schmerzliche Weise an ihr eigenes Schicksal erinnert. Es führt sie in die Buchhandlung Sempere & Söhne. Der Zauber dieses Ortes schlägt sie in seinen Bann, und wie durch einen Nebel steigen Bilder ihrer Kindheit in ihr auf. Doch die Antworten, die Alicia dort findet, bringen nicht nur ihr Leben in allerhöchste Gefahr, sondern auch das der Menschen, die sie am meisten liebt.

Autor
Carlos Ruiz Zafón wurde 1964 in Barcelona geboren und lebt heute in Los Angeles. Mit Der Schatten des Windes und Das Spiel des Engels begeisterte er ein Millionenpublikum auf der ganzen Welt. Der Gefangene des Himmels ist der dritte Roman in der großen Barcelona-Tetralogie. Auch Marina, der Roman, den er kurz vor den großen Barcelona-Romanen schuf, stand wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Seine ersten Erfolge feierte Carlos Ruiz Zafón mit den drei fantastischen Schauerromanen Der dunkle Wächter, Der Fürst des Nebels und Der Mitternachtspalast.

Sprecher
Uve Teschner hat mit seiner wandelbaren Stimme bereits zahlreiche Hörbücher sowie Hörspiele eingelesen. Ob als Sprecher von Thrillern oder historischen und gefühlvollen Stoffen – er ist nicht nur ein fesselnder Erzähler, sondern auch ein lebhafter Gestalter, der die unterschiedlichsten Charaktere verkörpern kann.
Quelle: Argon Verlag
Die Buchausgabe ist im Fischer Verlag erschienen.

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Über irveliest

Wie ihr euch sicher schon denken könnt lese ich sehr gerne, am liebsten Krimis und Thriller, aber auch niveauvolle Romane, Kinder- und Jugendbücher. Meine Lieblingsbuchhandlungen sind unsere kleine Buchhandlung am Ort und zum ordentlichen Stöbern Thalia in der Nachbarstadt. Online stöbere ich am liebsten bei lovelybooks und auch bei Amazon nach Büchern...
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2 Antworten zu *+* Carlos Ruiz Zafón: „Das Labyrinth der Lichter (Hörbuch) *+*

  1. Liebe Heike,
    vielen lieben Dank fürs verlinken! :)
    Schade, dass dir das Buch (oder in deinem Fall Hörbuch) nicht ganz so zugesagt hat. Mich hat dieses Buch, sowie auch die anderen Bücher der Reihe um den „Friedhof der vergessenen Bücher“ sehr begeistert. Ich verstehe aber deine Kritik sehr gut. Am Anfang wirkt die Geschichte sehr verwirrend, selbst für „Kenner“ der Vorbände.
    Na vielleicht wagst du dich ja irgendwann nochmal auf den Friedhof der vergessenen Bücher. ;)

    Liebe Grüße
    Nicole

    • irveliest schreibt:

      Liebe Nicole,
      ich denke, hier war das Hauptproblem, dass ich die Vorgeschichte nicht kannte. Meistens ist das kein Problem, aber hier hatte ich wirklich das Gefühl, dass mir einiges an Hintergrundwissen fehlt.
      Liebe Grüße, Heike

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