„Imaginäre Freunde kommen nicht aus freien Stücken. Wir werden eingeladen. Wir bleiben, solange wir gebraucht werden. Und dann, erst dann gehen wir wieder.“
*+* Eine Buch-Empfehlung im Rahmen der KiJu2016BuWo! *+*
Wer erinnert sich nicht an seine eigene Kindheit, oder sieht es nun am eigenen Nachwuchs? Wenn manchmal das kleine Herz so schwer ist, dass es seine Last kaum mehr zu tragen vermag, dann wird mit der Katze gekuschelt und ihr Schnurren lässt alles viel kleiner und leichter erscheinen. Ein Stofftier tut es zur Not auch, oder aber man ersinnt sich einen imaginären Freund, der immer zur Stelle ist, mit Rat und Trost, der in einem drin wohnt und daher jederzeit abrufbereit ist. Viele Kinder haben diese Phantasiefreunde und werden häufig dafür belächelt. Dabei können sie Balsam für die Seele sein.
Jackson hat einen solchen imaginären Freund, seinen Kater Crenshaw. Schwarz und riesengroß, so groß, dass Jackson jedes Problem in ihm verschwinden lassen kann. Crenshaw, der die Sorgen des Jungen ebenso sicher schluckt wie lila Geleebohnen und ein Faible für ausgiebige Schaumbäder hat. Crenshaw, der trotz aller Sorgen und Verzweiflung immer wieder für Farbe und Fröhlichkeit in Jacksons Innerstem sorgt und mir so oft ein Schmunzeln entlockte.
Die Eltern des Jungen führen einen Kampf gegen Windmühlen. Jacksons Vater ist krank und kann nicht arbeiten, seine Mutter versucht, die Familie mehr schlecht als recht durchzubringen. Nicht nur die Versorgung ist nicht in dem Maße gewährt wie sie es sein sollte, auch das Dach über dem Kopf ist in Gefahr…
Eine wunderbare Gelegenheit darüber nachzudenken wie gut es uns selbst eigentlich geht. Dank des sozialen Netzes in Deutschland dürfte hier keiner Familie die Obdachlosigkeit drohen. Auch sollten wir durch die Grundversorgung immer genug zu essen haben – ganz anders als in Amerika, wo sich Jacksons Geschichte abspielt.
Und dennoch gibt es auch bei uns genügend andere Sorgen und Ängste, die Kinder zweifellos haben können. Vielleicht kann ihnen dieses Buch ein bisschen Mut machen. Zwar lösen imaginäre Freunde keine Probleme, aber es hilft oft, sich jemandem anzuvertrauen, selbst wenn die Figur des Vertrauens nur in der eigenen Phantasie lebt. Sich einfach mal den Frust und Ärger von der Seele reden oder denken können, dabei möglicherweise einen anderen Blickwinkel bekommen, oder sich nach und nach den Mut zusammenklauben, doch mal mit den Eltern über ein Problem zu reden.
Trotz der Brisanz mancher Themen, ihrer Dramatik und scheinbarer Ausweglosigkeit, besticht das Buch durch seinen Charme. Die Warmherzigkeit der Schilderungen, der hoffnungsvolle Unterton und nicht zuletzt dieser außergewöhnliche Kater und sein Ersinner haben mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Ein Hoch auf die Phantasie und die Vorstellungskraft!
*+* Wer wissen möchte, was mich bzw. uns buchmäßig gerade umtreibt, kann gerne in meinen Lese-Rückblicken stöbern. In diesen Wochenshows stelle ich Neuzugänge, die aktuellen Rezensionen und die Bücher, die ich derzeit lese und höre, vor. Schaut gerne mal rein 🙂 *+*
Inhalt
Crenshaw ist kein gewöhnlicher Kater: Er hat nicht nur einen seltsamen Namen, sondern isst auch für sein Leben gern lila Geleebohnen. Er kann sprechen und ist riesengroß – so groß, dass man sich im Notfall gut bei ihm anlehnen kann. Vor allem aber ist Crenshaw unsichtbar. Der einzige, der ihn sehen kann, ist Jackson, obwohl der überhaupt nicht an unsichtbare Kater glaubt und im Moment ganz andere Sorgen hat. Zu Hause ist das Geld nämlich mal wieder knapp, sodass es zum Abendbrot seit einer Weile nur noch Cornflakes gibt, seine Mutter mehrere Jobs gleichzeitig annimmt und Jackson seine Sachen auf dem Flohmarkt verkaufen muss.
Doch wenn alles zu schlimm wird, taucht Crenshaw auf, segelt mit dem Regenschirm durch die Lüfte, nimmt ein Schaumbad oder stellt irgendetwas anderes Verrücktes an. Er kitzelt ein Lächeln aus Jackson heraus, wenn ihm eigentlich zum Heulen zumute ist. Er versteht Jackson wie kein anderer und zeigt ihm, dass es ok ist, wütend zu sein. Denn auch ein Kater ist nicht immer gut gelaunt. Und er erinnert Jackson daran, dass es höchste Zeit ist, eine Entscheidung zu treffen.
Ein lustiger und berührender Roman über die magische Kraft der Phantasie, die Kinder in schwierigen Lebenssituationen retten kann. Katherine Applegate findet genau die richtigen Worte für ein hoch aktuelles Thema: die Angst vor der Armut. Mit Schwarzweißzeichnungen von Crenshaw, der auch im Buch an den verrücktesten Orten auftaucht.
Autorin/ Übersetzerin
Die amerikanische Bestsellerautorin Katherine Applegate lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Irvine, Kalifornien. Ihre Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Für ›Der unvergleichliche Ivan‹ erhielt sie 2013 die Newbery Medal.
Aus dem Amerikanischen übersetzt wurde der Roman von Brigitte Jakobeit.
Quelle: Fischer Verlage